28. Seminar in Israel
Die Institutionen: Yad Vashem (6 1/2 Tage) und CHE Lohamei Haghetaot (3 Tage)
Das Programm in Yad Vashem enthielt drei neue Schwerpunkte: Dem Herzl-Berg und Herzlmuseum wurde ein Rundgang mit Daniel Rozenga gewidmet. Die Paneldiskussion zum Thema 'Teaching about the Holocaust in Israel' war für alle Beteiligten äußerst inspirierend: Iman Abuseir aus Ostjerusalem, Racheli Greenberg, deren Tochter Hadas und Uzi Maiboom, Vater dreier Kinder in drei unterschiedlichen Schulsystemen, vermittelten nicht nur uns, sondern offenbar auch einander bisher Unbekanntes aus den Bereichen Schule, Sprechen über den Holocaust und Staatsbürgerschaft in Israel. Der dritte neue Programmpunkt – 'The final Solution in Films, Fotographs and Documents' von Tobias Ebbrecht-Hartmann – begeisterte, alle LehrerInnen auch deshalb , weil er die Möglichkeit bot, seinen Vortag und seine Materialien ein zu eins in den Unterricht zu übertragen.
Anna Stocker, Deborah Hartman und Daniel Rozenga bemühten sich in den Workshops sehr, die Fülle des vorhandenen Materials begreifbar zu machen.
Wunderbar wie immer Jakov Hessing mit seiner Analyse der missglückten Assimilation der deutschen Juden (dargelegt anhand deutscher Schriftsteller). Am 2. Mai 2016 wird er nach Salzburg kommen. Simca Epstein war brillant wie immer in seinen Darlegungen der Verfolgung der Juden in der NS-Zeit; ebenso Noa Mkayton, die das pädagogische Konzept von Yad Vashem erläuterte und ein neues Modell vorstellte, wie über die Gesellschaft des Nationalsozialismus nachgedacht werden kann: statt der Täter-Opfer-Mitläufer-Kreise nur einen Kreis für die 'NS-Volksgemeinschaft' , aus dem bestimmte Gruppen, z.B. Juden, Roma/Sinti, politische GegnerInnen, Homosexuelle, religiöse Gruppen etc. ausgeschlossen sind. Efraim Zuroffs Referat über die nach wie vor gejagten bzw. immer noch nicht vor Gericht gestellten Nazis polarisierte die Gruppe.
Ein Höhepunkt wie auch schon letztes Jahr war der Film "Kinderblock 66", in dem der Zeitzeuge Naftali Fürst erzählt, wie er als Junge das KZ er- und überlebt hat. Ihn danach persönlich zu erleben, das wird wohl für alle unvergesslich bleiben.
Berührend auch die künstlerischen Programme: Michel Kichka mit seiner Vater-Sohn-Geschichte 'Second generation-Things, I never told to my father', die er lebendig erzählte und anhand von Auszügen aus seinem Graphic Novel zeigte, und Fabiana Meyochas, die die Mutter-Tochter-Geschichte 'Why didn't you come before the war?' eindrucksvoll spielte.
Deborah Hartmann führte uns nicht nur sicher durch den Campus und das Museum, sondern begleitete uns auch hilfreich alle Tage hindurch mit freundlich-gelassener Kompetenz, durch die sie die Herzen aller Gruppenmitglieder gewann (unseres besaß sie ja schon).
Yad Vashem bot auch den Rahmen und die Impulse (Campus, Museum) für die Module 'The Holocaust and me', die den Bezug von dem Erfahrenen/Gelernten zur eigenen Identität und Familiengeschichte unterschiedlich thematisieren.
CHE Lohamei Haghetaot
Tali Shner, Tochter von Überlebenden, die den Kibbuz und die Gedenkstätte mit aufgebaut haben, führte uns durch den Campus und einige Räume des Kibbuz und vermittelte so anschaulich den Geist und die Atmosphäre von Lohamei. Yariv Lapid zeigte uns, wie in den Workshops die Komplexität der Themen (z.B.Gleichheit/Ungleichheit, Funktionieren von Systemen, Mehrheit/Minderheit) deutlich und erfahrbar wird.
Die Leiterin des Museums, Rotem Kornblit, gab uns Einblicke in einige Aspekte des Museums, Annat Bratman-Elhaleb machte uns mit den Archiven bekannt und Lisa Schulz-Yatsiv führte uns durch das Kindermuseum, das - wie immer - äußerst widersprüchliche Emotionen hervorrief. Der Höhepunkt war sicher die Begegnung mit den arabischen und jüdischen SchülerInnen, die gerade das gemeinsame Programm abgeschlossen hatten und uns zwei Stunden lang geduldig Auskunft gaben, wie sie zu diesem Projekt gekommen sind, wie sie es einschätzen und wie es ihnen in ihrem Umkreis damit ergangen ist. Das Narrativ des/der Anderen kennen zu lernen, ihm/ihr zuzuhören, wenn er/sie von der eigenen Familiengeschichte erzählt, das ist die große Bereicherung für alle.
Yariv Lapid betreute uns zusätzlich vor Ort und faszinierte uns mit seinem dialektischen Denken und Argumentieren.
Als einen Schritt zu einer neuerlichen verstärkten Annäherung der beiden Institutionen hat uns Deborah Hartmann, unsere Betreuerin und Referentin in Vad Vashem, nach Lochamei begleitet um das dortige Angebot und die dortigen Kolleginnen besser kennen zu lernen.
Das Freizeitprogramm
- Das Israel Museum
Alle waren begeistert von der Führung der amüsanten Dina Neuburger, die ihr enormes Wissen ganz spielerisch an Mann und Frau brachte.
- Der Abendvortrag 'Current Situation in the Middle East' von Gil Yaron
Gil Yaron ist ein bekannter Journalist, Buchautor und brillanter Redner. Anhand der straff gespannten roten Fäden: "Wer bist du?", "Was ist das Problem?", "Was ist die Lösung?" und "Wie wird das Wetter morgen?" führte er uns durch die Problematik der aktuellen Situation Israels und dessen Nachbarn.
- Die Fahrt in den Norden
Shlomit Gross begleitete uns wieder kundig in den Norden. Zuerst ging es aber noch ans/ins Tote Meer, fast alle TeilnehmerInnen wollten dort gerne alle einmal Zeitung lesen, dann die kurvige Straße hinauf zur Burg Belvoir, von wo aus man einen wunderbaren Blick über das Jordantal hat. Mittagessen in Beit Shean (einige nutzten die Pause, um die riesige römische Anlage zu erkunden, andere zum Mittagessen), dann bis zum Südende vom See Genezareth, wo wir den Pionierfriedhof besichtigten und im Schatten der Bäume etwas über die Kibbuz-Bewegung sowie die Entstehung und Entwicklung der Kibbuzim erfuhren. Wir wohnten in Ein Gev im Osten vom See Genezareth, in welchselbigen wir uns nach der Ankunft stürzten, obwohl er hohe Wellen schlug. Am nächsten Tag fuhren wir zuerst nach Capernaum, besichtigten alte Synagogenreste und das Haus des Petrus, dann weiter auf den Mount Bental in den Golan-Höhen. Aus Syrien drang dumpf Geschützlärm, in der Anlage waren einige Soldaten zu sehen, aber insgesamt war die Situation doch sehr entspannt. Mittagessen in einem Drusendorf, dann weiter zur Burg Nimrod und den Banyas Quellen. Den Abend verbrachten wir noch einmal in Ein Gev, am nächsten Tag ging es schon weiter nach Lohamei Haghetaot. Ein schönes, abwechselungsreiches Programm, das die TeilnehmerInnen sehr mochten.
Festliche Essen: Die Begegnung mit den Old Austrians: Dinner in Jerusalem im Hotel Rimonim
Alle TeilenhmerInnen hatten Geschenke mitgebracht und so gab es außer den Mitbringseln, die wir gekauft hatten, noch einen individuellen Gabentisch. Die alten Damen und Herren sowie einige Jüngere aus der Verwandtschaft gaben uns die Ehre, mit ihnen essen, sprechen und diskutieren zu dürfen. Beeindruckend ihre Geschichte, beeindruckend ihr Auftreten, beeindruckend ihre Herzlichkeit und ihre Bereitschaft, uns an ihrem Schicksal teilnehmen zu lassen. Das alles bei festlichem Dinner in festlichem Rahmen. Insgesamt waren es mehr als 25 Personen, die Hannah Hintz, Organisatorin und gute Seele, zugesagt hatten und kamen. Auch der neue Direktor des österreichischen Kulturforum, Dr. Johannes Strasser, war dabei sowie Gideon Eckhaus, der extra aus Tel Aviv kam.
Die Begegnung mit den Old Austrians: Mittagessen in Tel Aviv im Restaurant Goshen
14 Personen kamen vom Club der österreichischen PensionistInnen, sechs von ihnen sprachen während des reichhaltigen und exzellenten Essens zu uns, sprachen über ihre erschütternde Geschichte: Arie Goldschmied, Amnon Klein, Otto Nagler, Edith Gilboa, Zwi Nigall und Gideon Eckhaus, Leiter des Clubs. Letzterer, der als Vorsitzender des Zentralkomitees der ÖsterereicherInnen in Israel über lange Zeit Restitutionsverhandlungen mit Österreich geführt hat, sprach weniger über sich und seine Geschichte als über den österreichischen Weg, die 'Sache in die Länge zu ziehen.' Immerhin, einiges hat sich doch gebessert, wir erfuhren von Pensionen und weiteren Zuwendungen, die sie nun im Alter bekommen. Deborah Neufeld war die Organisatorin und Zeremonienmeisterin, die energisch und einfühlsam den Ablauf steuerte. Dr. Strasser war ebenfalls hierher gekommen und freute sich über die gelungene Veranstaltung. Die TeilenhmerInnen waren auch sehr beeindruckt und fragten sich zum zweiten Mal: Wie kann man so viel durchmachen, so viel erleben und dennoch so fröhlich und witzig sein und so alt werden.
Das Farewell Dinner in Jerusalem im Restaurant Piccolino
Am letzten Abend fand wie immer das Abschiedsessen, diesmal im Restaurant Piccolino, statt. Die Stimmung war gut, der Dank an Debbie groß. Ein bisschen wehmütig fühlten sich einige, mussten sie das Land, an das sie sich gerade etwas gewöhnt hatten wieder verlassen, aber es gab natürlich auch die Freude auf Zuhause und vor allem darauf, viel in der Unterrichtspraxis umzusetzen, was man gelernt, verstanden und erfahren hat.
Begleitteam: Mag. Almud Magis, Mag. Axel Schacht
Nachbereitungstreffen: 18./19. Oktober 2015, Beginn: So 16 Uhr, Ende: Mo 15.30 Uhr Bildungshaus St. Virgil/Salzburg