Adam Ujvary und das Sinti-und-Roma-Denkmal in Berlin

Anlässlich des zehnjährigen Bestehens des Denkmals initiierte und kuratierte die Stiftung Denkmal eine Erweiterung des Gedenkensembles in Form einer dauerhaften Freiluftausstellung. Kern der Ausstellung sind neun Biografien von Roma und Sinti aus Europa. Zudem bietet die Ausstellung Informationen über die europaweite Dimension des Völkermords, über Widerstand, die Situation der Überlebenden nach dem Krieg, sowie über das Gedenken an den Völkermord. Der Beitrag aus Österreich wurde von Dr. Herbert Brettl erarbeitet und handelt von Adam Ujvay, einem Romakind aus Halbturn im Burgenland.

In Berlin, Unweit dem Brandenburger Tor und dem Reichstagsgebäude, befindet sich seit 2012 das Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma Europas. Es soll an die bis zu 500.000 Personen erinnern, die zwischen 1933 und 1945 in Deutschland und anderen europäischen Ländern verfolgt und ermordet wurden. Das Denkmal, dass vom israelische Künstler Dani Karavan entworfen wurde, besteht aus einem kreisrunden Wasserbecken mit schwarzem Grund. In der Mitte des Beckens schwimmt ein Dreieck, symbolhaft auf den Winkel auf der Kleidung der KZ-Häftlinge bezugnehmend. Auf dem Dreieck befindet immer eine frische Blume.

„Adam Ujvary wird am 23. Juli 1941 im burgenländischen Halbturn geboren. Sein Vater Stefan arbeitet als Taglöhner und unterstützt seine Frau Katharina, eine Marktfahrerin, bei der Ausübung ihres Gewerbes. Im Sommer 1941 wird die Familie mit dem neugeborenen Adam und seinem Bruder Walter nach Lackenbach, ein Zwangslager für Roma, verschleppt. Die Eheleute Ujvary wenden sich in einem Brief an den Bürgermeister ihres Heimatdorfes: ‚[…] wir haben uns das nicht verdient, wo wir immer in der Arbeit gewesen sind und 6 Jahre gedient haben in der Gemeinde keine Schulden weder sonst nichts ankommen lassen haben.‘ Sie bitten darum, zurückkehren zu dürfen. Der Bürgermeister vermerkt „unbeantwortet lassen“ und lässt das Haus der Familie Ujvary veräußern. Die Eltern und Adams einjähriger Bruder Walter sterben im Dezember 1941 an Typhus. Seine drei Schwestern werden im April 1943 in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und ermordet. Weil Adam Ujvary als ‚Zigeunerstämmiger‘ nicht in einem Waisenhaus untergebracht werden darf, wird das fünf Monate alte Baby in das Wiener Spital Am Spiegelgrund gebracht. Das Krankenhaus ist eine „Euthanasie“-Einrichtung, in der medizinische Versuche und gezielte Tötungen an Kindern vorgenommen werden. Adam Ujvary wird hier als vermeintlich ‚erbkrank‘ eingestuft und am 30. März 1944 im Alter von zweieinhalb Jahren ermordet.“ (Ausstellungstext)

Die Freiluftausstellung wurde am 24. Oktober 2022 vom deutschen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier offiziell eröffnet.

Zudem produzierten RomaTrial e.V., eine transkulturelle Roma-Selbstorganisation, und die Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas neun animierte Kurzfilme, mit deutschen bzw. englischen Untertitel, mit Geschichten Ermordeter und Überlebender aus den Niederlanden, Frankreich, Deutschland, Österreich, Tschechien, Polen, Serbien und Russland. Neun Geschichten über den Massenmord, den Widerstand und der Selbstbehauptung, des Zusammenhalts und des Zurückfindens ins Leben.

Diese neun Filme wurden in einem jeweils individuellen erzählerischen und visuellen Stil durch Kunstschaffende unterschiedlichster Disziplinen und Herkünfte erstellt und sind zudem Teil der neuen Freiluftausstellung. Der Premierenabend „Menschen können auch zwei Mal sterben“, der animierten Kurzfilmbiografien verfolgter Sinti* und Roma* fand im Zuge der Internationalen Roma-Filmfestival AKE DIKHEA am 24. Oktober 2022 im Kino Babylon in Berlin statt.

Weitere Informationen sind unter www.akedikhea.com sowie unter www.stiftung-denkmal.de zu finden.

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