SchülerInnen entwickeln Holocaust-Mahnmal: Projekt „Wanderndes Mahnmal“ in Eisenstadt

SchülerInnen des Gymnasiums Kurzwiese in Eisenstadt haben ein Shoah-Mahnmal entwickelt, das das Erinnern an ehemalige jüdische Schülerinnen und Schüler lebendig hält. Das Projekt besteht aus 13 Buchobjekten, die an 13 jüdische SchülerInnen erinnern, die 1938 der Schule verwiesen wurden.

„In unserer Schule gab es 13 jüdische Schüler und Schülerinnen, die Opfer des Zweiten Weltkrieges und dessen Grausamkeiten geworden sind. Um ihrer zu gedenken, möchte ich ein Denkmal in jede Klasse, in der einer dieser SchülerInnen war, setzen. Dies ist jedoch nicht alles. Denn das Denkmal bleibt nicht in derselben Klasse, nachdem das Schuljahr vorbei ist, sondern steigt mit der Klasse auf, bis es endlich selbst die Matura erreicht hat. Schließlich sollen die Denkmäler der Schüler nicht auf ewig dazu ‚verdammt‘ sein, in derselben Klasse zu bleiben.“ So beschreibt Brigitte Ibasich, die gemeinsam mit Berill Karlovits, beide Schülerinnen der Kunstklasse 7D des Gymnasiums Kurzwiese Eisenstadt für Konzept und künstlerische Gestaltung dieses Projektes verantwortlich zeichnet, ihre Idee.

 

Die SchülerInnen ließen sich für das Projekt von Rachel Whitereads Mahnmal am Wiener Judenplatz inspirieren. Das Wiener Holocaust-Mahnmal stellt eine unzugängliche Bibliothek dar. „Ähnlich dem Mahnmal am Judenplatz kann man auch die Bücher des wandernden Mahnmals, die Schicht um Schicht in weiße Farbe getaucht wurden, nicht mehr öffnen. Somit wirkt es ein bisschen so, als ob man die Bücher aus der Bibliothek von Rachel Whiteread herausgenommen hätte. Da wir die 13 Namen der Schülerinnen und Schüler kennen, die 1938 aus der Schule ‚ausgetreten‘ sind, so steht das im Klassenkatalog von 1938 im Schularchiv, wurde jedes Buch mit einem Namen beschriftet“, so die verantwortlichen Lehrerinnen. Am Buch befindet sich auch ein QR-Code, der zur Projektwebsite und zur Biographie des/der vertriebenen SchülerIn führt.

 

Gemeinsam mit der burgenländischen Forschungsgesellschaft wurden die Biographien von 13 ehemaligen SchülerInnen, die der antisemitischen Verfolgungspolitik zum Opfer fielen recherchiert. Einer der Schüler war Alfred Politzer, der 1940 nach New York fliehen konnte. In einem Video-Interview erinnert er sich an den Antisemitismus seiner Eisenstädter MitschülerInnen: „Es war uns nicht möglich, zum Turnverein zu gehen und Mitglied zu werden. Das Schulgebäude war neben der Kaserne, und dort gab es das einzige Schwimmbad in Eisenstadt. Wir wurden belästigt und schikaniert, wenn wir dort hingingen. Sie verletzten uns nicht wirklich, aber man kann einem das Leben ganz schön schwer machen, ohne jemandem gleich Gewalt anzutun. Einmal warfen einige Schüler, als wir auf dem Weg zur Schule waren, Steine nach uns. Sie ließen uns fühlen, dass wir anders wären als sie.“

 

Am 9. November wurde das mobile Mahnmal in einem Festakt an der Schule vorgestellt. „Jetzt sind sie, ganz der Ausgangsidee von Brigitte Ibasich entsprechend, Teil einer Klasse – kein Ersatz für die 13 Schülerinnen und Schüler aber eine stetige Erinnerung an deren Geschichte“, so die LehrerInnen abschließend.

Konzept und künstlerische Gestaltung: Brigitte Ibasich, Berill Karlovits (7D)

Projektbetreuung: MMag. Gerda Aigner-Silvestrini, Mag Birgit Steiner, Mag. Valentin Haberl, Mag. Achim Bayer

 

Links

Website des Projektes „Wanderndes Mahnmal“ inklusive 13 Biographien der vertriebenen SchülerInnen: - Link & - Link

„Vertrieben. Juden und Jüdinnen aus dem Burgenland im Interview“ – Ein Projekt der burgenländischen Forschungsgesellschaft: - Link

Video-Interview mit Alfred Politzer: - Link

ORF: Burgenland heute vom 13.12.2018: -Link

ORF.at: - Link