Aufwachsen in brauner und blauer Uniform

Hitlerjugend und Bund Deutscher Mädel in Salzburg

Die folgende Online-Ausstellung widmet sich der Hitlerjugend und dem Bund Deutscher Mädel im Bundesland Salzburg. Anhand historischer Fotografien werden lokale Ereignisse und Entwicklungen aufgegriffen und im Kontext der nationalsozialistischen Kinder- und Jugendpolitik analysiert.

Konzept und Gestaltung: Laura Biberger, Mariella Fuchs, Sebastian Sillinger
Entstanden im Rahmen der Lehrveranstaltung KO Public History: Nationalsozialismus in Salzburg im Wintersemester 2023/24 an der Universität Salzburg

Anfänge und Illegalität


Mit dem 19. Juni 1933 verbot die austrofaschistische Regierung den österreichischen Flügel der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) und die nationalsozialistischen Jugendorganisationen.

Die Hitlerjugend (HJ) und der Bund Deutscher Mädel (BDM) blieben jedoch im Untergrund weiterhin bestehen, auch im Bundesland Salzburg.

Ihre Mitglieder planten Maßnahmen gegen den austrofaschistischen ,,Ständestaat‘‘, schmuggelten Propagandamaterial über die grüne Grenze und erledigten Botendienste zwischen Österreich und Deutschland.

Zudem wurden illegale ,,Kampflager“ ausgerichtet. Die österreichischen Behörden versuchten gegen diese Aktivitäten vorzugehen und Beteiligte vor Gericht zu stellen.

Der ,,Anschluss‘‘ und die Feuer am Residenzplatz


Mit dem ,,Anschluss‘‘ im Jahr 1938 veränderten sich die Verhältnisse innerhalb Salzburgs maßgebend.

Die HJ und der BDM unterstützten nun die öffentlichen Machtdemonstrationen und Inszenierungen des NS-Regimes.

Mit der Demontierung von Grenzbalken am Walserberg und der Verbrennung dieser auf dem Salzburger Residenzplatz besiegelten Mitglieder der HJ symbolisch den „Anschluss“ sowie das daraus resultierende Ende der österreichischen Eigenstaatlichkeit.

Durch Buben der HJ und des Deutschen Jungvolks (DJ – eine Unterorganisation der HJ für 10- bis 14-Jährige), unter dem Verantwortlichen Karl Springenschmid, Leiter des Nationalsozialistischen Lehrerbundes (NSLB) in Salzburg, wurden später am selben Platz auch beschlagnahmte Bücher missliebiger AutorInnen verbrannt.

Mitgliedschaft unter Zwang?


HJ und BDM waren die Jugendorganisationen im NS-Regime. 
Obwohl die „Jugenddienstpflicht“ im März 1939 eingeführt wurde, konnte man sich der Mitgliedschaft in HJ und BDM zunächst noch entziehen.

Es herrschte jedoch ein enormer gesellschaftlicher Druck, einer nationalsozialistischen Jugendorganisation beizutreten.

Erst 1943 wurde die „Jugenddienstpflicht“ tatsächlich durchgesetzt. Kinder ab 10 Jahren waren im Deutschen Jungvolk bzw. Jungmädelbund (JM) organisiert. Ab 14 Jahren war die Mitgliedschaft in der HJ oder im BDM vorgesehen.

Alle Jugendorganisationen waren nach dem Konzept der „Selbstführung“ organisiert, was bedeutet, dass Jugendliche selbst Führungspositionen übernahmen.

Alle Mitglieder waren dazu verpflichtet, zweimal pro Woche an den „Heimabenden“ teilzunehmen. Diese dienten dazu, die Jugendlichen auf die nationalsozialistische Idee der „Volksgemeinschaft“ einzuschwören.

Vermittlung der NS-Ideologie an die Mitglieder von HJ und BDM


Aus den monatlich erschienen Schulungsheften geht der Ablauf der ,,Heimabende‘‘ der HJ und des BDM hervor.

Neben Programmpunkten wie Basteln, Nähen, Singen und Tanzen für die Mädchen oder Sport, Geschicklichkeitsübungen und technischen Schulungen für die Buben standen „weltanschauliche Vorträge“, deren Themen vorgegeben wurden. Sie orientierten sich am politischen Programm der NSDAP.

Um auch die Schule auf Parteilinie zu bringen, setzte man auf personelle und strukturelle Verflechtung von Schule und Parteijugend: Junge Lehrerinnen und Lehrer aller Schultypen sollten sich innerhalb der HJ und des BDM engagieren.

Von der HJ-Führerschule in Grödig wurden etwa Lehrpersonen zu diesem Zweck ausgewählt.

Zelt- und Winterlager in Seekirchen und Hintersee


Die HJ und der BDM organisierten Zelt- und Winterlager. In Salzburg und Umgebung wurden während der NS-Zeit mehrere Ferienlager veranstaltet.

So fand etwa 1938 ein Jungvolk-Zeltlager in Seekirchen und ein Jungvolk-Winterlager in Hintersee statt. In diesen Lagern wurden die Kinder und Jugendlichen nach nationalsozialistischen Vorstellungen erzogen.

Neben ,,weltanschaulichen Vorträgen‘‘ standen insbesondere körperliche Betätigungen wie Geländeläufe und Leibesübungen auf dem Programm. Der Lagerablauf war bei Buben und Mädchen ident.

Die Buben mussten zusätzlich Luftgewehrschießen üben. Männliche Kinder und Jugendliche wurden dadurch auf ihre zukünftige Rolle als Soldaten vorbereitet.

Kulturtage der Salzburger HJ 


Im Mai 1942 fanden in der Stadt Salzburg erstmals die Kulturtage der Salzburger HJ statt, die als Gegenstück zu den Festspielen veranstaltet wurden. Als Vorbild dienten hierbei die Kulturtage der Weimarer HJ.

Alle Schülerinnen und Schüler von Salzburg mussten an den Kulturtagen teilnehmen. Sie bildeten nicht nur das Publikum, sondern traten auch auf der Bühne auf.

Im Zuge dieser Kulturtage fand am 21. Mai 1943 auf der Richterhöhe am Mönchsberg eine Morgenfeier statt.

Mit dem Schriftsteller Karl Heinrich Waggerl und dem Komponisten Cesar Bresgen waren auch zwei wichtige nationalsozialistische Kulturschaffende anwesend.

Den Höhepunkt dieser Kulturtage bildete das Fest in Hellbrunn, an dem über 2000 Jugendliche teilnahmen.

Aufgaben während der Kriegsjahre   


Im Laufe des Zweiten Weltkriegs wurden die Jugendlichen mehr und mehr für die Zwecke des Krieges eingesetzt.

Auf der einen Seite mussten sie helfen, alltägliche Abläufe aufrecht zu erhalten. Auf der anderen Seite waren sie aktiv oder passiv an den Kriegshandlungen beteiligt: Die sogenannte Feuerschar löschte Brände nach Bombenanschlägen und die Luftschutzeinheit verteidigte Städte gegen Bombenangriffe.

Ab dem Jahr 1942 war die Absolvierung von Wochenkursen in „Wehrertüchtigungslagern“ für die älteren Jahrgänge verpflichtend. Die männlichen Jugendlichen bekamen hier einen Einblick in die Wehrmachtsausbildung mit Schießübungen, Kartenkunde und Geländediensten.

In der Schlussphase des Krieges wurden mit dem „Aufgebot III“ im Zuge des „Volkssturms“ alle männlichen Jugendlichen über 16 Jahren für die Verteidigung des „Reiches“ eingesetzt. Dabei kam es vermehrt zu aktivem und passivem Widerstand aufseiten der Jugendlichen, dem die Machthaber mit harten Disziplinarmaßnahmen begegneten.

Fazit


Auf der Basis einer gesteuerten Organisation, eines verpflichtenden Programms und einer starken Vernetzung von Schule und Parteijugend fungierten Hitlerjugend und Bund Deutscher Mädel als elementare Stützen des nationalsozialistischen Regimes.

Durch eine anfänglich freiwillige Mitgliedschaft und spätere weitgehende Zwangsmitgliedschaft innerhalb beider Gruppierungen sollte das Fortbestehen der ideologischen Zielvorstellungen des nationalsozialistischen Deutschen Reichs gesichert werden.

Millionen Kinder und Jugendliche wurden dadurch im Sinne der nationalsozialistischen Ideologie indoktriniert. Viele von ihnen fanden es nach der Befreiung 1945 schwer, sich in den neuen demokratischen Verhältnissen zurechtzufinden.

Weiterführende Literatur


Michael BUDDRUS, Totale Erziehung für den totalen Krieg. Hitlerjugend und nationalsozialistische Jugendpolitik. 2 Teile, München 2003.


Johannes HOFINGER, Nationalsozialismus in Salzburg. Opfer – Täter – Gegner, Innsbruck/Wien/Bozen 2018.

Ulf MARX, Schule und Hitlerjugend. Autorität und politische Indoktrinierung als Prinzipien des Erziehungswesens in der NS-Diktatur unter besonderer Berücksichtigung der praktischen Umsetzung im Raum Salzburg, Diplomarbeit, Salzburg 2004.

Helmut UITZ, Jugend unter dem Hakenkreuz. Hitlerjugend und Bund der Deutschen Mädchen in Salzburg, in: Helga Embacher / Thomas Weidenholzer, Hg., Machtstrukturen der NS-Herrschaft, NSDAP – Polizei/Gestapo – Militär – Wirtschaft, Salzburg 2014, 120–165.