„Zeitpunkte“ der Stadt Innsbruck: Neue Form von Gedenkzeichen enthüllt
Nach einstimmigen Beschlüssen im städtischen Kulturausschuss, Stadtsenat und Gemeinderat lobte im Jänner 2022 die Stadt Innsbruck in Zusammenarbeit mit WEISRAUM. Designforum Tirol einen geladenen Wettbewerb zur Entwicklung eines Gestaltungskonzepts für Gedenkzeichen zur Erinnerung an Menschen aus Innsbruck aus, die zur Zeit der NS-Herrschaft ermordet wurden.
Das Vorarlberger Büro Proxi Design ging mit dem Projekt »Zeitpunkte Innsbruck«, das federführend vom Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck (Lukas Morscher, Niko Hofinger) organisiert wurde, als Sieger hervor. Am 27. Jänner 2024 – dem Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus – fand die offizielle Eröffnung mit Landeshauptmann Anton Mattle und Bürgermeister Georg Willi statt.
In der Nähe des letzten freiwillig gewählten Wohnortes der Opfer des NS-Regimes wurden an Masten oder auf eigens errichteten Pollern, welche die Innsbrucker Kommunalbetriebe (IKB) betreuen, kreisrunde handgeformte Bronzescheiben von rund acht Zentimetern Durchmessern und drei Zentimetern Stärke auf Augenhöhe befestigt. In Siebdruck mit Pulverbeschichtung ist der Schriftzug „Für [Vorname] [Nachname]“ angebracht. Die Beschriftung ist graviert und versiegelt. Eine zweite Scheibe weiter unten wurde mit einem QR-Code versehen, der auf die Website www.zeitpunkte.at verweist, wo weitere Informationen zu den jeweiligen Biografien und Standorten mehrsprachig abgerufen werden können
Die ersten »Zeitpunkte« enthüllte Stadträtin Uschi Schwarzl in der Defreggerstraße 12, sie sind Wolf Meier Turteltaub, Amalie Turteltaub und ihre Enkelin Gita Scharf gewidmet. Die Familie wurde 1942 wegen ihrer jüdischen Herkunft nach Riga deportiert und dort ermordet.
„Berührt die Sonne die Zeitpunkte, zeigt sich das flüchtige Nachleuchten eines ausgelöschten Lebens“, betont Stefan Amann von Proxi Design: Die Zeitpunkte sollen eine empathische Verbindung zwischen den Menschen damals und heute schaffen.
Die ersten »Zeitpunkte«, für welche die Stadt Innsbruck die Kosten übernahm, recherchierte Horst Schreiber, ERINNERN:AT Tirol. Sein Anliegen war es, möglichst viele Opfergruppen zu berücksichtigen und die neuen Gedenkzeichen großräumig in der Stadt Innsbruck zu verteilen. Erstmals erhalten in Tirol auch Angehörige der Jenischen und der Zeugen Jehovas, Opfer der „Asozialen“- und Homosexuellenverfolgung sowie Wehrdienstverweigerer ein eigenes Gedenkzeichen.
Künftige „Zeitpunkte“ werden ausschließlich auf Antrag und Erstrecherche aus der Zivilgesellschaft errichtet. Nach der privaten Recherche zur Biografie des Opfers erfolgt ein Antrag an das Kulturamt. Eine Fachgruppe überprüft die Einreichung und entscheidet über die Anbringung. Die IKB übernimmt die Montage und Wartung, die Herstellungskosten von 250 Euro tragen die Stadt Innsbruck und die einreichenden Personen.
Mein Bezirk, 27.1.2024
tirol.orf.at, 27.1.2024
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