Arnulf Häfele: Zwei Leben. Ein Theodor

Dr. Theodor Veiter (gest. 1994) gehörte zu jenen österreichischen Christlichsozialen, die schon während des austrofaschistischen "Ständestaates" auf die deutsche, d.h. die nationalsozialistische, Karte setzten und dann auf eine Karriere nach dem "Anschluss" hofften. Nach 1945 setzte Veiter alles daran, diese Vergangenheit zu verleugnen.

Brigitte Behal hat in einer quellenreichen Dissertation die Karrieren prominenter "deutscher Katholiken" nachgezeichnet: Zu diesen deutsch-nationalen Katholiken gehörte Theodor Veiter (gest. 1994), der sich nach dem Krieg in Feldkirch niederließ und zu einem vehementen Vertreter einer völkischen "Alemannen-Ideologie" wurde. Die Netzwerke, die Veiter und seine Gesinnungsfreunde vor und während der NS-Zeit gesponnen hatten, erwiesen sich auch für ihre Nachkriegskarrieren als äußerst tragfähig. - link

Bereits 1983 machte die Johann-August-Malin-Gesellschaft in der Broschüre "Der Umschreiber" auf diese Tatsachen aufmerksam. - link

Kommentar von Arnulf Häfele: Zwei Leben. Ein Theodor (Kommentar in den Vorarlberger Nachrichte, 21. Juni 2010)

Er hätte so gerne einen Platz in der österreichischen Geschichte gehabt. Der eitle Theodor. Er war völkischer Minderheitenrechtler auf bluthomogener Grundlage. Und Rechtsanwalt in Feldkirch. 1994 starb  Dr. Theodor Veiter. Es gibt zwei Fassungen seines Lebens. Die eine hat er selbst niedergeschrieben. Die andere steht in den Akten. Dazwischen liegen Welten. Die Historikerin Brigitte Behal hat gerade in einer Doktorarbeit sein wahrhaftiges Leben durchleuchtet. Als Stellaner und Mitglied der CV-Verbindung Rudolfina hat Veiter leichten Zugang zu den christlich-sozialen Politikern gefunden. Bundeskanzler Engelbert Dollfuß hat den jungen Theodor gefördert. Nach dem Attentat auf Dollfuß war Veiter für den Alt-Stellaner Bundeskanzler Kurt Schuschnigg tätig. Beide hatte er auf ihren offiziellen Auslandsreisen begleitet und dabei des Landes verwiesene Nazis heimlich kontaktiert. 1936 ließ er sich zum Präsidenten der Pax Romana wählen, einer weltweiten Vereinigung von katholischen Studenten. Theodor Veiter hatte stets betont, er habe mit dem Nationalsozialismus nie etwas am Hut gehabt. In Wahrheit war Veiter bereits am 19. Juni 1933 der NSDAP beigetreten. Allerdings unter dem Namen Theodor Innerer. Nach dem Anschluss am 13. März 1938 mussten auch ehemals illegale Nazis einen formellen Antrag auf Aufnahme in die NSDAP stellen. Theodor begründete: „Ich stand in laufender Verbindung mit Nationalsozialisten außerhalb Österreichs.“ Durch seine ununterbrochene Zusammenarbeit mit NS-Mitarbeitern aus dem früheren katholisch-nationalen Lager habe er sehr wesentlich zur Schwächung des früheren Systems von innen heraus beigetragen. Bereits am 12. März 1938 erschien Veiter mit dem NSDAP-Abzeichen im Ministerium. Die begehrte Parteimitgliedschaft bei den Nazis konnte Theodor Veiter trotz intensiven Bemühens nicht erlangen. Das NS-Gauamt erkannte in  seiner doppelten Identität als christlich-sozialer Theodor Veiter und gleichzeitig als illegal nationalsozialistischer Theodor Innerer eine geplante Rückversicherung für alle Fälle. Nach Kriegsende war Veiter schnellstens von Wien nach Vorarlberg unterwegs.  Hier wollte der illegale Nazi plötzlich als Widerstandskämpfer gelten. Sektionschef Hans Pernter bestand aber auf einem Verfahren gegen ihn, „da Dr. Veiter in der Verbotszeit ein verwerfliches und charakterloses Doppelspiel getrieben hat.“ Er habe sich als illegaler Nationalsozialist im Jahre 1936 zum Präsidenten der Pax Romana wählen lassen und dafür den Dank und die Anerkennung des Bundeskanzlers Dr. Schuschnigg sowie einen vom Papst verliehenen Ritterorden entgegengenommen. Die christlichen Politiker Hans Pernter, der zwei Konzentrationslager überstehen musste, Heinrich Drimmel und Felix Hurdes sprachen offen vom Hochverrat des Theodor Veiter. Der Cartellverband hat ihn „cum infamia“ hinausgeschmissen. Veiter selbst hat unverdrossen sein Leben umgeschrieben. Er formulierte: „Aufgrund meiner nachhaltigen Verfolgungen im Dritten Reich wurde ich mit einem Opferausweis ausgestattet.“ Die Johann-August-Malin-Gesellschaft wird die Dissertation über den Umschreiber Theodor Veiter auf ihrer Homepage veröffentlichen. Damit mehr Ehrlichkeit in sein Leben kommt. Wenigstens nach dem Tode.    

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