Neue Publikation: „Als homosexuell verfolgt – Wiener Biografien aus der NS-Zeit“

In seinem neuen Buch stellt Andreas Brunner von QWIEN (Zentrum für queere Geschichte Wien) über 50 Biografien verschiedener Akteur:innen aus der queeren Geschichte Wiens vor.

Am 8. Mai 2023 wurde das neue Buch von Andreas Brunner (QWIEN) „Als homosexuell verfolgt – Wiener Biografien aus der NS-Zeit“ im Schauspielhaus Wien präsentiert. Anlässlich der Errichtung des „Denkmals für Männer und Frauen, die Opfer der Homosexuellen-Verfolgung in der NS-Zeit wurden“ wird darin von über 50 Biografien der queeren Geschichte Wiens erzählt. Organisiert sind die Lebensgeschichten nach den Bezirken der Stadt.

Ein Meilenstein der Aufarbeitung

Aufgrund der andauernden gesellschaftlichen Ausgrenzung gab es lange Zeit kaum Forschungen zu NS-Verfolgung Homosexueller. Seit einigen Jahren gibt es verstärkt Bemühungen, das Schicksal von Männern und Frauen, die in Wien in der NS‐Zeit wegen gleichgeschlechtlicher Handlungen verfolgt wurden, zu erforschen. Quellen sind fast ausschließlich Strafakten. Um Lebensgeschichten und biografische Zusammenhänge zu rekonstruieren, müssen diese häufig gegen den Strich oder zwischen den Zeilen lesen, da die Sprache der Dokumente abwertend ist, die Verfolgten nicht dem „gesunden Volksempfinden“ entsprachen und aus der Gesellschaft ausgestoßen waren. Bis dato konnten über 1.400 männliche und rund 80 weibliche Beschuldigte nachgewiesen werden.

Die Geschichten von etwa 50 Verfolgten werden in der neuen Publikation von Andreas Brunner erstmalig vorgestellt; meist handelt es sich um Menschen, die in einem von Armut und Erwerbsdruck gezeichneten Alltag ihre Sexualität zu leben versuchten. Viele waren an Politik desinteressiert, manche aber auch Mitglieder in nationalsozialistischen Organisationen oder rassistischen Verbänden. Einzelne waren jüdischer Herkunft. Bis heute finden Biografien wie diese kaum Beachtung in der Stadtgeschichte Wiens. Dieses aufwendig illustrierte, biografische Lesebuch will diesen Missstand ändern.

Entstanden ist das Buch von Andreas Brunner (QWIEN) im Auftrag der Stabstelle Bezirkmuseum/Wien Museum. Es ist für 25 Euro über den Mandelbaumverlag sowie die Buchhandlung Löwenherz bestellbar: 

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Über den Herausgeber

Andreas Brunner, Historiker, Autor und Co-Leiter von QWIEN, Zentrum für queere Geschichte, geb. 1962, studierte Theaterwissenschaft und Germanistik an der Universität Wien. Er widmet sich der Erforschung bzw. Präsentation der Kultur und Geschichte der Homosexualität in Wien. Schon als Zivildiener im Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) hat sich Brunner mit der Verfolgung Homosexueller auseinandergesetzt. Nach Abschluss seines Studiums (1995) war er Mitbegründer der Buchhandlung Löwenherz, 1996 war er Mitinitiator der Regenbogenparade in Wien. 2005 gestaltete Andreas Brunner gemeinsam mit anderen die Ausstellung »Geheimsache:Leben. Schwule und Lesben im Wien des 20. Jahrhunderts«. Die daraus resultierende Recherchearbeit führte 2007 zur Gründung des »QWIEN - Zentrum für schwul/lesbische Kultur und Geschichte«. 2016 war er einer der Gestalter der Ausstellung »Sex in Wien« im Wien Museum. Daneben absolvierte Andreas Brunner die Ausbildung zum Fremdenführer und bietet Führungen zum Thema schwul/lesbischer Geschichte an.

 

Kooperation mit QWIEN zum Thema „NS-Verfolgung Homosexueller“

QWIEN – Zentrum für queere Geschichte ist Kooperationspartner des diesjährigen Zentralen Seminar von ERINNERN:AT und seinem Jahresschwerpunkt: „NS-Verfolgung Homosexueller“. Weitere Informationen, Veranstaltungen und Unterrichtsmaterialien zum Thema finden Sie hier.