Geh Denken!

Geh Denken! ist eine Veranstaltungsreihe des Vereins GEDENKDIENST. Die öffentlichen Veranstaltungen finden bei freiem Eintritt jeweils um 19 Uhr im Veranstaltungslokal Depot statt (1070 Wien, Breite Gasse 3, www.depot.or.at).

Während des akademischen Jahres finden monatlich wissenschaftliche Vorträge, Podiumsdiskussionen und Gespräche mit ZeitzeugInnen statt.

Die interdisziplinäre Auseinandersetzung mit der Geschichte des Nationalsozialismus bildet dabei den Ausgangspunkt für eine Beschäftigung mit unterschiedlichen historischen Themen, deren Bedeutung im vergangenheitspolitischen Diskurs sowie Fragen der Geschichtsvermittlung.

Geh Denken! versteht sich als Beitrag zu einer lebendigen Gedächtniskultur. Im Zentrum sollen die offene Reflexion und Diskussion kontroverser Themen stehen. Alle Interessierten sind herzlich dazu eingeladen!

Die öffentlichen Veranstaltungen finden bei freiem Eintritt jeweils um 19 Uhr im Veranstaltungslokal Depot statt (1070 Wien, Breite Gasse 3, www.depot.or.at).

Die Veranstaltungsreihe wird diese Semester in Kooperation mit der Studienrichtungsvertretung Geschichte an der Universität Wien und dem Zukunftsfonds der Republik Österreich veranstaltet.

Konzept und Organisation:
Linda Erker, Nikolina Franjkic, Ina Marjova, Agnes Meisinger und Lukas Meissel

 

 

Semesterschwerpunkt: Gehen und Bleiben nach 1945. Migration nach dem Ende der NS-Herrschaft

Das aktuelle Semesterprogramm widmet sich der Frage nach Migration aus und nach Österreich, die vor dem Hintergrund der Verfolgungs- und Vertreibungsgeschichte des Landes diskutiert werden soll. Die Vortragenden setzen sich mit Themen wie dem Umgang mit sogenannten Besatzungskindern, der Migration von sowjetischen Jüdinnen und Juden nach und durch Österreich sowie der Bedeutung von Scheinehen in Vergangenheit und Gegenwart auseinander. Eine Kooperationsveranstaltung mit Momentum-Geschichtethematisiert die Rückholung von jüdischen Überlebenden nach Ungarn. In einer abschließenden Veranstaltung wird im Kontext aktueller Debatten über das Thema Flucht und Asyl die historische Verantwortung Österreichs im Hinblick auf die Vertreibungsgeschichten vieler Österreicher­Innen diskutiert. Beispiele aus der Arbeit mit Menschen, die nach Österreich geflohen sind, sollen die bestehenden Handlungsmöglichkeiten von Aktivist­Innen und die aktuelle Frage nach dem Gehen und Bleiben beleuchten.

 

Repatriierung der ungarischen Deportierten 1945–1946

WANN: Donnerstag, 15. Oktober 2015, 19 Uhr 
WO: Depot, Breite Gasse 3, 1070 Wien

Im Frühjahr 1945 reiste der Leiter des ungarischen Palästinabüros der Jewish Agency, Sándor Náthán, in die Tschechoslowakei und nach Polen. Seine Aufgabe bestand darin, Information über den Aufenthaltsort jener hunderttausenden ungarischen Jüdinnen und Juden zu sammeln, die seit dem Frühjahr 1944 aus Ungarn deportiert worden waren. Nach seiner Rückkehr verfasste er zwei umfang­reiche Berichte, welche die Situation in den beiden kriegszerstörten osteuropäischen Ländern sowie die verschiedenen Herausforderungen, welche die Versuche der Repatriierung begleiteten, dokumentierten. Tatsächlich häuften sich ab dem Frühjahr 1945 Pressemeldungen über das schleppende Vorgehen des Staates bei der Rückholung der im Ausland befindlichen ungarischen StaatsbürgerInnen und die oft unzureichende Versorgung der HeimkehrerInnen nach ihrem Grenzübertritt nach Ungarn. Im Vortrag wird über die Gründe für diese Verzögerungen diskutiert und die Bemühungen von Repatriierungen in einem internationalen Kontext analysiert.

 

Regina Fritz , Historikerin, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Editionsprojekt Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933–1945.

Die Veranstaltung findet in Kooperation mit Momentum-Geschichte statt.

Momentum-Geschichte hat es sich zum Ziel gesetzt, über die Generationen hinweg, jene GeisteswissenschaftlerInnen miteinander zu vernetzen, die in ihrer Arbeit einen kritisch-politischen Ansatz verfolgen. Seit 2012 organisieren wir vierteljährlich öffentliche Diskussionen zu historischen Themen. Siehe auch: www.facebook.com/MomentumGeschichte

 

 


Diskriminiert, adoptiert, vergessen? Der behördliche Umgang mit Kindern afroamerikanischer GIs und österreichischer Frauen nach 1945

WANN: Dienstag, 24. November 2015, 19 Uhr 
WO: Depot, Breite Gasse 3, 1070 Wien

 

Das Schicksal sogenannter Besatzungskinder wurde in der Zweiten Republik lange Zeit ausgeblendet und verschwiegen. Besonders stark marginalisiert wurden jene Kinder, die Beziehungen zwischen Österreicherinnen bzw. Displaced Persons und US-amerikanischen GIs mit schwarzer Hautfarbe entstammen. Der Vortrag setzt an dieser Forschungslücke an und präsentiert erste Ergebnisse des Projektes Lost in Administration. Der Fokus wird dabei auf den behördlichen Umgang mit den Kindern afroamerikanischer GIs nach 1945 gelegt. Es wird nach dem Schicksal der meist unehelichen Kinder in Pflegfamilien, Kinderheimen oder bei Adoptiveltern gefragt. Besondere Aufmerksamkeit wird in diesem Zusammenhang den behördlichen Diskussionen und der Praxis der Adoptionsvermittlung von österreichischen Kindern afroamerikanischer Soldaten in die USA geschenkt.

 

Philipp Rohrbach 
Historiker, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Wiener Wiesenthal Institut für Holocaust-Studien (VWI) und Projektmitarbeiter an der Universität Salzburg.

Wien als Transitstadt. Sowjetisch-jüdische Migration via Österreich

WANN: Mittwoch, 16. Dezember 2015, 19 Uhr 
WO: Depot, Breite Gasse 3, 1070 Wien

 

Zwischen Anfang der 1970er-Jahre bis 1989 verließen über 300.000 Jüdinnen und Juden die Sowjetunion mit Ausreisevisa für Israel. Fast alle von ihnen reisten über Wien. Als die Anzahl der ,Drop Outs‘ – d.h. derjenigen, die nicht wie vorgesehen nach Israel, sondern in andere Länder auswanderten – stieg, befanden sich die österreichischen Behörden in einer prekären Situation. Einerseits wurden sie von Seiten Israels und zionistischer jüdischer Organisationen dazu gedrängt, die EmigrantInnen schnell nach Israel weiter zu schicken; andererseits wollte man den Betroffenen die Ausübung ihres Rechts auf freie Wahl des Einreiselandes gewährleisten. Gleichzeitig fand sich eine Gruppe von sowjetisch-jüdischen Remigrant*innen in Wien ein. Unzufrieden mit ihrer Lage in Israel waren sie an ihren ersten Transitort zurückgekehrt, in der Hoffnung, in die Sowjetunion remigrieren zu können. Der Vortrag befasst sich mit transnationalen Dynamiken von Wien als Transitstadt jüdischer Migration zwischen Ost und West.

 

Ruth Orli Moshkovitz
Studierte in Wien, Berlin und Budapest Geschichte mit dem Schwerpunkt Frauen- und Geschlechtergeschichte und verfasst derzeit ihre Masterarbeit zur Entstehung der bucharisch-jüdischen Gemeinde in Wien im Kontext sowjetisch-jüdischer Remigration.

Scheinehe als Fluchtstrategie

WANN: Dienstag, 12. Jänner 2016, 19 Uhr 
WO: Depot, Breite Gasse 3, 1070 Wien

 

Durch das NS-Regime verfolgte Frauen konnten mittels einer Eheschließung mit einem Ausländer in Exilländer ausreisen und waren dort aufgrund der neuen Staatsbürgerschaft vor einer Rückschiebung ins Deutsche Reich sicher. Manche dieser Ehen waren Scheinehen, sie bestanden nur auf dem Papier, wurden in unterschiedlichen Netzwerken arrangiert und teilweise bezahlt. Da nur Ehefrauen automatisch die Staatsbürgerschaft ihres Mannes erhielten, stellten Scheinehen eine weibliche Flucht- und Überlebensstrategie dar. Bei den bisher aus (Auto-)Biografien überlieferten rund 70 Fällen von Scheinehen handelte es sich meist um jüdische Frauen aus der Mittel- und Oberschicht mit internationalen Kontakten. Doch wie können Quellen über Scheinehen abseits der bekannten Fälle gefunden werden? Welche Hinweise liefern die Archive in Exilländern, in denen die Fremdenbehörden versuchten, Scheinehen zu verhindern oder als solche zu überführen?

 

Irene Messinger 
Politikwissenschaftlerin, Lehrbeauftragte an der Universität Wien und der Fachhochschule für Sozialarbeit; Forschungsprojekt Scheinehen in der NS-Zeit, finanziert vomZukunftsfonds der Republik Österreich und Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus.

 

Berichte aus der praktischen Arbeit mit Asylsuchenden

WANN: Donnerstag, 28. Jänner 2016, 19 Uhr

WO: Depot, Breite Gasse 3, 1070 Wien

Als Abschluss der Vortragsreihe Gehen und Bleiben bietet ein Podiumsgespräch Einblicke in aktivistische Perspektiven auf die gegenwärtige Arbeit mit Asylsuchenden. Nach einem kurzen Impulsreferat des Diakonie Flüchtlingsdienstes über die historische Entwicklung der Asylgesetzgebung in Österreich berichten drei PraktikerInnen aus ihren Erfahrungen. Maximilian Zirkowitsch, langjähriger Flüchtlingsberater und -betreuer, referiert über seine Arbeit aus Sicht der organisierten Zivilgesellschaft. Verena Stern fasst den Protest somalischer Flüchtlinge im Jahr 2012 zusammen und skizziert die Möglichkeiten sowie Beschränkungen politischer Teilhabe von AsylwerberInnen.. Der Verein Nachbarinnen in Wien stellt seine Arbeit mit MigrantInnenfamilien vor. Hierbei informieren Frauen mit türkischer, arabischer, somalischer und tschetschenischer Muttersprache Familien über das öffentliche Gesundheits- und Bildungswesen und leisten somit einen wichtigen Beitrag zur Vermeidung der Entstehung von Parallelgesellschaften.

 

Podiumsgespräch mit: Christoph Riedl, Geschäftsführer des Diakonie Flüchtlingsdienstes

Maximilian Zirkowitsch, Sozialarbeiter und für das MKÖ als Zivilcouragetrainer tätig, derzeit als Lektor an der Fachhochschule St. Pölten und als Flüchtlingsberater in Wien beschäftigt. Seit über zehn Jahren beruflich mit Flucht, Asyl, Rassismus und Vorurteilen befasst

Verena Stern, Doktorandin und Projektmitarbeiterin am Institut für Politikwissenschaft an der Universität Wien, Forschungsschwerpunkt Proteste für Flüchtlinge

Verein Nachbarinnen in Wien, www.nachbarinnen.at

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