Exkursion nach Krakau und Auschwitz
Einige Ausschnitte aus den Reflexionen der SchülerInnen zu Pavel Stránský, ihren Gefühlen in Auschwitz bzw. Auschwitz-Birkenau und über die Relevanz dieser Exkursion für ihr heutiges Leben.
Mag. Martin Krist
Über Pavel Stránský
Seine Lebensgeschichte eröffnete Pavel Stránský mit den Worten: „ Zum Überleben braucht man eine Schüssel, einen Löffel und jemanden, den man mehr liebt als sich selbst.“ Und mehr brauchte er auch nicht. Die Person, die er mehr liebte als sich selbst, war seine Frau Vera, mit der er sich sogar gemeinsam deportieren ließ, um nicht von ihr getrennt zu werden. Ich war äußerst gerührt, als ich von diesem Teil seines Lebens erfuhr. Die Tatsache, dass Pavel seine Mutter nach seiner Befreiung aus dem KZ nicht mehr wieder sah und dass Vera und er die einzigen Überlebenden zweier Familien waren, schockierte mich sehr. Man konnte jedoch seinen Stolz spüren, als er von seinen zwei Kindern, vier Enkeln und seiner Urenkelin Hannah erzählte.
Franziska G.
Gleich zu Beginn forderte uns Pavel Stránský auf, ihm alle Fragen zu stellen, die wir nur wollten.
Manche Zeitzeugen verarbeiten ihr Erlebtes in Stille, manche durch Malen oder Bücherschreiben, aber nur wenige damit, es anderen zu erzählen.
Zu diesen wenigen gehört Pavel eindeutig. Er fährt jedes Jahr einmal mit einer Schulkasse in das Konzentrationslager, in dem er inhaftiert war.
Die Geschichte aus dem Mund eines Menschen zu hören, der diese schwierige Zeit miterlebt hat, ist einfach unbeschreiblich, ganz anders als die historischen Hintergründe aus dem Geschichtsbuch zu lesen. Wir hörten ihm alle gespannt zu.
Theresa St.
Ich erinnerte mich während Pavel Stránskýs Erklärungen wieder an Ota B. Kraus´ Buch „Die bemalte Wand“ und konnte die im Buch beschriebenen Schauplätze erkennen. Durch das Buch, aber vor allem durch die Beschreibungen von Pavel Stránský konnte ich mich etwas in seine Lage versetzen und fragte mich, wie er dies durchstehen konnte. Berührt hat mich, dass Herr Stránský nur durch die Liebe zu seiner Frau Vera die Hoffnung und den Lebenswillen nicht verloren hat.
Bori E.
Über Gefühle in Auschwitz
Als wir durch das „Arbeit macht frei“-Eingangstor gingen, war ich einfach sprachlos. Wenn man sich denkt, wie viele Menschen, unschuldige Menschen, durch dieses Tor gegangen sind … Am schlimmsten war es aber in Auschwitz-Birkenau. Ich hatte schon vorher Fotos gesehen, ich hatte viel darüber gehört … aber dass dieses ehemalige Konzentrationslager so unglaublich groß ist, hätte ich mir nicht gedacht. Es war überwältigend. Man schaut nach links, dann nach rechts … und man sieht kein Ende! Es scheint so endlos … und man selbst ist so klein, so unglaublich winzig!
Magdalena T.
Auch das Ausmaß der Morde wird erst dann richtig erschreckend, wenn man realisiert (Realisiert! Gewusst hat man es schon …), dass jeder und jede Einzelne der 1,5 Millionen Ermordeten in Auschwitz-Birkenau ein Mensch war, genau im gleichen Sinne wie wir Menschen sind, Individuen. Das mag zwar banal klingen, aber ist für mich ein wichtiger Gedanke. Gekommen ist mir dieser (oder sagen wir: Überrollt hat er mich) gar nicht neben der Bilderwand in der „Neuen Sauna“ stehend, obwohl diese natürlich sehr schön demonstriert, was ich meine.
Aus irgendeinem Grund war es die Vitrine in Auschwitz I mit den abgeschorenen Haaren. Denn das hat im normalen Leben, das ja nicht ins Konzentrationslager einzudringen scheint, einen ganz anderen, fast entgegengesetzten Symbolismus. Abgeschnittene Locken eines Menschen, den man liebt. Etwas Familiäres, eine Kindheitserinnerung.
Luca H.
Natürlich wurde einem jeden beim Eintritt in die Gaskammer anders zumute, jedoch war dies womöglich nur der Fall, weil wir so viel über Gaskammern in unserem Unterricht in Erfahrung bringen konnten. Ich glaube, ohne das Wissen, was in den Gaskammern oder außerhalb damals geschehen ist, hätten wir ganz anders reagiert. Wäre man ohne vorherige Kenntnis über das Konzentrationslager und dessen Geschichte nach Auschwitz gefahren, hätten vielleicht sogar einige gesagt, wie schön die Landschaft oder die Gebäude seien.
Philip J.
Aber das Schlimmste in Auschwitz waren für mich die winzigen Räume im Keller, in denen die so genannten Häftlinge meist zu viert für einige Tage eingesperrt wurden. In den Gängen haben wir Kritzeleien von Besuchern gesehen, die „Heil Hitler“, „H8“ oder Hakenkreuze zeigten, was für mich vollkommen verrückt ist. Ich frage mich, wie man, nachdem man so etwas Grausames gesehen hat und weiß, welches Leid diese Menschen ertragen mussten, solche Zeichen malen kann und sich mit der Ideologie der Nazis identifizieren kann. Jeder Mensch, der logisch denken kann, sollte solche Taten verabscheuen und wissen, dass ein solches Vorgehen unter jeder menschlichen Würde ist. Malou K.
Verbindung zur Gegenwart
Aber vielleicht ist es nötig, den Blick von der Vergangenheit und Zukunft in die Gegenwart zu richten: Diese Verbrechen, wenn auch meist in anderer Form, geschehen heute ebenso, jetzt, in diesem Moment. Menschen werden gefoltert, ausgenutzt und ermordet. Und was nützt es, über die Vergangenheit zu sprechen, wenn sie keinen Einfluss auf die Gegenwart hat? Es kann sich nur etwas ändern, wenn Worten Taten folgen. Und wenn das so ist, dann ist die Arbeit von Pavel Stránský und allen anderen Zeitzeugen und von jedem, der sich bemüht hat, den folgenden Generationen einen Eindruck des Holocausts zu vermitteln, nicht umsonst gewesen.
Camilla K.
Ich persönlich empfinde es als eine große Ehre, die letzte Generation zu sein, die noch die Chance hat, mit Zeitzeugen in Verbindung zu treten und mehr über den Nationalsozialismus und das Leben im Konzentrationslager zu erfahren, als es in Büchern steht. Ich sehe es als meine „Mission“ an, so viel Wissen und Erkenntnisse zu sammeln, wie es mir nur möglich ist, um das alles an die nächste Generation weiterzugeben. Deshalb war ich wirklich „froh“, auch wenn es alles andere als schön anzusehen war, in Auschwitz-Birkenau gewesen zu sein.
Thomas St.
Während wir das KZ am späten Nachmittag wieder verließen, musste ich daran denken, dass es tatsächlich Leute gibt, die die Existenz von Gaskammern leugnen und somit die gesamte NS-Zeit verharmlosen. Ich frage mich, wie so etwas möglich sein kann, etwas zu leugnen, das noch so präsent ist, bei dem man den Beweis doch durch alle noch vorhandenen KZs und lebenden Zeitzeugen, die von ihrer Vergangenheit berichten, hat. Darum ist es umso wichtiger, dass wir diese Reise und Besichtigungen gemacht haben, um Bescheid zu wissen und nicht zu vergessen.
Anna T.
Auch wenn der Ort bedrückend und die Erinnerungen schlimm waren, bin ich froh, dass ich diese Reise antreten konnte. Ich finde es wichtig, dass das Thema nicht totgeschwiegen oder als alt und vergangen verworfen wird. Gerade in der heutigen Zeit ist es wichtig, die Erinnerung daran zu behalten und stets daran zu denken, wenn wir mit Fremdenhass und Ausgrenzung konfrontiert sind.
Malou B.