Neuer Film über "Das Tagebuch der Anne Frank"
Informationen zum Film: - link
(Kurier, 3. 3.2016):
Was lernen Schüler heute noch über ihr Tagebuch?
von Daniela Davidovits
Zum 13. Geburtstag bekam Anne Frank ihr Tagebuch geschenkt. Es sollte weltbekannt werden. Versteckt vor den Nazis schrieb das jüdische Mädchen darin seine Gedanken nieder, bis es mit 15 Jahren deportiert wurde. So alt war auch die Wiener Schülerin Sophia Rapp, als sie das Buch las. „Man kann sich beim Lesen richtig gut mit ihr identifizieren. So versteht man besser, was damals passiert ist. Auch weil sie so viele persönliche Sachen schreibt“, sagt die Maturantin aus der AHS Gymnasiumstraße.
Genau diesen Zugang wählt Filmproduzent Walid Nakschbandi in seinem neuen Streifen über Anne Frank, der heute in den heimischen Kinos anläuft: „Ich möchte sie zeigen, wie sie war: frech, lebendig, lustig, intelligent“. Auf der Leinwand spielt die 17-jährige Lea van Acken die schwierige Rolle. Ihre Methode, sich an Anne Frank anzunähern: Briefe an sie zu schreiben.
Keine Pflichtlektüre
Schüler in Österreich lernen in der achten Schulstufe über die tragische Geschichte des Mädchens, das 1944 ins KZ deportiert wurde. „In den Lehrbüchern stehen viele Zitate. Aber das ganze Tagebuch wird im Deutschunterricht wenig gelesen“, erläutert der Geschichte- und Deutschlehrer Martin Krist.
Eine verpflichtende Leseliste gibt es in Österreich nicht. Aber nach den Diskussionen um den Literatur-Mangel bei der Zentralmatura erstellte die IG AutorInnen für die Stadt Wien eine Liste mit 200 Buchempfehlungen. Zum Thema Holocaust wird Lehrern neben „Das Tagebuch der Anne Frank“ auch der Klassiker „Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“ nahegelegt.
„Ich fände es gut, würde das Buch Pflichtlektüre in der Schule “, meint Schülerin Maria Merz. Sie selbst wählte den zweiten Weltkrieg als Thema für ihre vorwissenschaftliche Arbeit, aber nicht alle Schüler ihrer Klasse seien interessiert an Zeitgeschichte. Nur wenige hätten Annes Tagebuch gelesen. Doch ein Projekt in der Schule berührte alle, erzählt sie und ihre Klassenkollegin Lena Bachmann: „Ein vertriebener Schüler unserer Schule, Reinhold Eckfeld, hat ein Buch über seine Erinnerungen geschrieben, ,Letzte Monate in Wien‘. Das war beim Lesen so interessant, weil wir die Gegend kennen. Und dann haben wir mit der Klasse einen Rundgang auf seinen Spuren gemacht.“
Krist liest mit seiner zweiten Klasse das Buch „Oleg und die belagerte Stadt“ über zwei Kinder im Kriegs-Leningrad. Zu früh für eine Auseinandersetzung mit dem Thema sei das nicht: „Die Kinder bekommen oft schon in der Volksschule etwas mit, aus dem Fernsehen oder der Familie. Die Schule soll diese Bruchstücke zusammensetzen und den Kindern das Gesamtbild vermitteln.“ Als Koordinator des Netzwerks erinnern.at arbeitet er intensiv daran, das Thema Lehrern zu vermitteln: „Es ist wichtig, den Pädagogen gutes Material anzubieten, damit sie das Thema im Unterricht bringen. Zum Beispiel das neue ,Wer ist schuld am Tod von Edith Winkler?‘. Dabei erzählt der Lehrer die Geschichte eines Mädchens und dann schlüpfen die Schüler selbst in die Rolle von Nachbarn oder Polizei. So erleben sie die Verantwortung der gesamten Gesellschaft.“
Zeitzeugen sterben
Je persönlicher der Unterricht wird, desto mehr bleibt hängen, sind sich die Schülerinnen einig. „Wir haben das Gratis-Buch der Stadt Wien von Ari Rath bekommen und ihn getroffen. Das war sehr beeindruckend“, erinnert sich Sophia Rapp.
Dass die Zeitzeugen weniger werden, bedauert Krist. Neue Konzepte sollen dieses Loch ausfüllen – wie die Wanderausstellung „Darüber sprechen“. Ab Freitag werden die Geschichten von 14 Zeitzeugen auf Schautafeln in Schulen präsentiert. Am Smartphone können Schüler Videos und historisches Material aufrufen. Krist: „So werden Zusammenhänge hergestellt. Auch zur Gegenwart, etwa zu Flüchtlingshelferin Ute Bock.“ Nur so lernen Schüler aus der Geschichte.
kurier.at (3.3.2016): - link Trailer zum Film: - link Lea van Acken (Hauptdarstellerin im Film): "Die Lösung war, dass ich anfing, ihr Briefe zu schreiben". Interview mit Bert Rebhandl (derStandard.at, 3.3.2016) - link Petra Ahne: Schwieriges Erinnern an Anne Frank (Frankfurter Rundschau, 26.2.2016) - link
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