5. Mai: Gedenktag gegen Gewalt und Rassismus im Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus

Am 5. Mai 1945 wurde das Konzentrationslager Mauthausen in Oberösterreich von der US Army befreit. Im KZ Mauthausen wurden mehr als 200 000 Menschen interniert, etwa 100 000 Häftlinge wurden ermordet. Der Nationalrat erklärte 1997 den 5. Mai zum nationalen Gedenktag gegen Gewalt und Rassismus im Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus. Seither wird der 5. Mai jährlich als Gedenktag von beiden Kammern des Parlaments und von Schulklassen in ganz Österreich begangen. Eine Befreiungsfeier findet üblicherweise am Gelände der Gedenkstätte Mauthausen statt.

In einem einstimmigen Beschluss aller Parlamentsparteien wurde am 11. November 1997 der 5. Mai als jährlich zu begehender nationaler „Gedenktag gegen Gewalt und Rassismus im Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus“ beschlossen. Deutschland wählte (1996) wie auch die Vereinten Nationen (2005) den 27. Jänner, den Tag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz durch die Rote Armee, als „International Day of Commemoration in memory of the the victims of the Holocaust“. In Israel wird seit den 1950er Jahren der „Yom ha Shoah“ als Gedenktag begangen, welcher sich am jüdischen Kalender orientiert. In Würdigung der spezifischen österreichischen Vergangenheit entschied man sich in Österreich für den 5. Mai.

 

Österreichisches Gedenken im Wandel

Der internationale Holocaust-Gedenktag am 27. Jänner erinnert an die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz. Der Gedenktag an den Holocaust (hebräisch Shoah) steht für die weltweite Erinnerung an die Opfer des nationalsozialistischen Vernichtungsantisemitismus und trägt diese Bedeutung auch im Titel.

Österreich entschied sich dafür, den Begriff Holocaust aus dem Namen des Gedenktages zu streichen. Stattdessen wird im Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus das Augenmerk auf den Kampf gegen Gewalt, Rassismus und Antisemitismus gelegt.

Das Reden über die Zeit des Nationalsozialismus und das Erinnern an die Opfer hatte in der Zweiten Republik viele Facetten. Nicht immer war für alle Österreicherinnen und Österreicher eindeutig klar, wer Opfer und wer Täter war. In Österreich herrschte nach 1945 über viele Jahre hinweg die Vorstellung, dass Österreich das erste Opfer des Nationalsozialismus gewesen sei. Daher trage es auch keine Mitverantwortung für die Taten der Nationalsozialisten. Die Erinnerung an den Nationalsozialismus war zumeist von der Erinnerung an das Leid der Soldaten und an das durch Krieg und Not bestimmte Elend der Zivilbevölkerung geprägt. Für die Erinnerung an die Opfer von rassistischer, menschenverachtender und nationalsozialistischer Verfolgung war dabei nur selten Platz.

Im Jahr 1993 erfuhr dieses Geschichtsbild durch die Rede von Bundeskanzler Dr. Franz Vranitzky eine entscheidende Veränderung. An die Stelle der so genannten „Opfer-These“ trat die „Mittäter-These“.

Wie kam es in Österreich zum „Gedenktag 5. Mai“?

In Folge der „Mittäter-These“ wurde der Gedenktag zu einem Symbol des seit den 1990er Jahren geänderten Geschichtsbewusstseins in Österreich.

Seine Namensgebung ist ein geschichtspolitischer Kompromiss der politischen Lager und trägt zudem dem 1997 von der Europäischen Union ausgerufenem „europäischen Jahr gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit“ Rechnung.

An die Erinnerung an den Holocaust und die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus ist die Erwartung geknüpft, dass sie zu einer Sensibilisierung gegenüber den verschiedenen Formen der Gewalt führe. Das Wissen um die Geschichte, der Folgen von Rassismus, Antisemitismus und Verlust demokratischer Grundwerte soll die Basis sein für ein „Nie-Wieder“ in Gegenwart und Zukunft. Es soll hellhörig machen, wenn es um Tendenzen der Holocaust-Leugnung geht. Es soll Wachsamkeit erzeugen gegenüber jeglichen Ausdrucksformen religiöser Intoleranz sowie der Anstiftung, Bedrohung oder Gewalt gegen Personen oder Vereinigung auf Grund ihrer ethnischen Herkunft oder religiösen Überzeugung.

Um die proklamierten Ziele zu erreichen und damit die Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus nicht zur leeren Phrase wird, richten sich Holocaust-Gedenktage sowohl an die Gesellschaften als Gesamtheiten als auch im Besonderen an Bildungseinrichtungen. Schulen mit ihren Schülerinnen und Schülern, Lehrerinnen und Lehrern sollen im Sinne der historisch-politischen Bildung die Prinzipien der Gedenktage in ihre alltägliche Arbeit übernehmen.

Österreichische nationale Feier- und Gedenktage

Die Bedeutung, des 5. Mai als Gedenktag gegen Gewalt und Rassismus im Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus, für Österreich zeigt sich daran, dass er neben dem Staatsfeiertag am 1. Mai und dem Nationalfeiertag am 26. Oktober der dritte durch das österreichische Parlament beschlossene nationale Feiertag ist. In Würdigung des Gedenktages tritt der Österreichische Nationalrat jedes Jahr anlässlich des 5. Mai zu einer Sondersitzung zusammen und gedenkt der Opfer.

Jährlich finden in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen und an Orten der ehemaligen Außenlager Europas größte internationale Gedenk- und Befreiungsfeiern statt. Diese werden seit 1946 von den Überlebenden und deren Verbänden und später von dem Mauthausen Komitee Österreich (MKÖ) organisiert.

Das KZ Mauthausen und den Gedenktag am 5. Mai als Unterrichtsgegenstand

Im Auftrag den BMBWF hat ERINNERN:AT gemeinsam mit der KZ-Gedenkstätte Mauthausen eine Webpage entwickelt, die Lehrkräften einen Überblick dazu gibt, welche Möglichkeiten zur pädagogischen Auseinandersetzung mit der Geschichte des Konzentrationslagers Mauthausen bestehen. Die Webpage führt als Wegweiser zu Materialien und Angeboten, die sowohl eine planvolle Vor- und Nachbereitung des Gedenkstätten-Besuchs ermöglichen aber auch unabhängig von einer Fahrt nach Mauthausen im Unterricht zum Einsatz kommen können. Ein eigener Bereich auf der Seite, unterstützt Lehrkräfte dabei, Schulklassen auch in Kontakt mit weiteren Gedenkstätten und Erinnerungsorten in Österreich zu bringen und lokale Geschichtsbezüge herzustellen. Zur Webpage 

Speziell zum Gedenktag gegen Gewalt und Rassismus im Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus am 5. Mai stehen außerdem methodisch-didaktische Anregungen für Unterrichtseinheiten zur Verfügung (Printquelle: Erinnerungskulturen, herausgegeben vom Forum Politische Bildung, Informationen zur Politischen Bildung, Bd. 32, Innsbruck - Wien - Bozen 2010, S. 43 – 56): Download

Darüber hinaus bereichern Interviews mit Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, die ihre Erinnerungen an den 5. Mai schildern, die pädagogische Auseinandersetzung mit dem Thema. Auf der Interviewplattform weiter_erzählen berichten Überlebende des KZ Mauthausen über die Haft und Zwangsarbeit im Lager, über das Überleben, die Befreiung und das Kriegsende im Mai 1945. Zahlreiche Interviews stammen aus dem Bestand des „Mauthausen Survivors Documentation Project“.

Hier bekommen Sie einige Eindrücke, wie Schulklassen sich in bisherigen Bildungsprojekten bereits mit dem Thema 5. Mai und Mauthausen auseinandergesetzt haben: Link

Vertiefende Texte

  • Gerald Lamprecht: Der Gedenktag 5. Mai im Kontext österreichischer Erinnerungspolitik (Printquelle: Erinnerungskulturen, herausgegeben vom Forum Politische Bildung, Informationen zur Politischen Bildung, Bd. 32, Innsbruck - Wien - Bozen 2010, S. 30 - 38): Download
  • Gerald Lamprecht: Gedenktag gegen Gewalt und Rassismus im Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus – 5. Mai
    Vertiefende Informationen zum Gedenktag mit der Resolution der Vollversammlung der Vereinten Nationen bezüglich Holocaust-Erinnerung (1. November 2005) und der Rede von Bundeskanzler Dr. Franz Vranitzky im Österreichischen Nationalrat am 8. Juli 1991; historische Quelle: Das Staatsgesetzblatt für die Republik Österreich vom 1. Mai 1945:
    Download
  • Gerald Lamprecht: Das Konzentrationslager Mauthausen und seine Befreiung: Download