"Ein verborgenes Leben": Terrence Malick verfilmt das Leben des Widerstandkämpfers Franz Jägerstätter
Franz Jägerstätter wurde 1907 in St. Radegund in Oberösterreich in ärmliche bäuerliche Verhältnisse geboren und führte später mit seiner Frau einen eigenen Hof. Der gläubige Katholik verweigerte von Anfang an jede Zusammenarbeit mit den Nationalsozialisten, denn Christentum und Nationalsozialismus hielt er für unvereinbar. Ab 1940 wurde er mehrmals zum Wehrdienst eingezogen, doch er verweigerte sich der Einberufung, denn „mitzukämpfen und zu töten, dass Hitler die ganze Welt beherrschen könne“, sah er als religiöse Sünde und persönliche Schuld an.
Jägerstätter wurde schließlich 1943 in eine Strafkompanie einberufen, dort gab er zu Protokoll, „dass er auf Grund seiner religiösen Einstellung den Wehrdienst mit der Waffe ablehne, dass er gegen sein religiöses Gewissen handeln würde, wenn er für den nationalsozialistischen Staat kämpfen würde und er könne nicht gleichzeitig Nationalsozialist und Katholik sein“. Der Oberösterreicher wurde in der Folge in das Wehrmachtsuntersuchungsgefängnis im Linzer Ursulinenhof versperrt, dann in das Wehrmachtsuntersuchungsgefängnis Berlin-Tegel überstellt. Im Sommer 1943 wurde er in Berlin wegen „Wehrkraftzersetzung“ zum Tode verurteilt und in Brandenburg ermordet.
Ab Ende der 1980er Jahre engagierte sich die Katholische Kirche Oberösterreich für die Ehrung Jägerstätters. In Oberösterreich entstanden seitdem zahlreiche Gedenk-, Kunst- und Schulprojekte in Erinnerung an Franz Jägerstätters Widerstand. 2018 wurde das "Franz und Franziska Jägerstätter Institut" an der Katholischen Privat-Universität Linz gegründet. Das Institut digitalisiert zurzeit den kompletten Nachlass, darunter rund 400 Briefe, viele davon zwischen ihm und seiner Frau. Nach der archivarischen Erschließung könnten diese Materialien auch für Schulen Verwendung finden.
Neuer Film über Jägerstätters Widerstand – Film und Unterricht
Der Film „Ein verborgenes Leben“ wurde im Mai 2019 bei den Filmfestspielen in Cannes mit dem „Ökumenischen Filmpreis“ ausgezeichnet. Kino-Start in Österreich ist der 31.01.2020. Aufgrund seiner Länge von 173 Minuten eignet sich der Film nur bedingt für den Unterricht. Er bietet aber eventuell Anknüpfungspunkte für den katholischen Religionsunterricht. Trailer zum Film: - Link
Der Film exemplifiziert den katholischen Widerstand und zeigt die Geschichte eines christlichen Widerstandkämpfers, aber nicht die Bandbreite der Reaktionen der katholischen Kirche auf den Nationalsozialismus und seiner Verbrechen. Innerhalb der katholischen Kirche fanden sich auch prominente Unterstützer des NS-Regimes und auch nach 1945 unterstützte der Vatikan die Flucht von NS-Kriegsverbrechern nach Südamerika oder in arabische Staaten. Das zeigen beispielsweise die Recherchen des Historikers Gerald Steinacher.
Christlich Motivierter Widerstand
„Die katholische Kirche stand zwar nicht als Institution im aktiven Widerstand gegen das NS-Regime, da sie ihre legale Existenz nicht gefährden wollte und einen Modus Vivendi mit den Machthabern suchte; aber allein ihr Vorhandensein und ihre weltanschaulich-geistige Tätigkeit wirkten dem nationalsozialistischen Totalitätsstreben entgegen“, so Wolfang Neugebauer (DÖW) über die Rolle der katholischen Kirche.
Über den christlich motivierten Widerstand gegen den Nationalsozialismus schreibt das DÖW: „Nach dem Aufbrechen der Konflikte zwischen NS-Regime und katholischer Kirche ab Sommer 1938 formierten sich größere Widerstandsorganisationen, von denen die drei (später vereinigten) 'Österreichischen Freiheitsbewegungen' um Karl Roman Scholz, Jakob Kastelic und Karl Lederer die größte Bedeutung erlangten. Zahlreiche katholische Priester, Nonnen und Laien, wie z. B. die Franziskanerin Sr. Restituta und der Kriegsdienstverweigerer Franz Jägerstätter, wurden – trotz der oft vorsichtig taktierenden Haltung der 'Amtskirche' – zu entschiedenen GegnerInnen des als unchristlich empfundenen Regimes“. Mehr in der Ausstellung des DÖW: - Link
Der neue Film über Franz Jägerstätter macht die Geschichte des christlich motivierten Widerstandes gegen den Nationalsozialismus einem internationalen Publikum bekannt. Der Film wurde Ende Jänner auch in Oberösterreich in Anwesenheit von Jägerstätters Tocher vorgestellt.
Links
Widerstand gegen den NS in der Ausstellung des DÖW: - Link
Einen Überblick über den Widerstand gegen den Nationalsozialismus bietet das Standardwerk von Wolfgang Neugebauer (DÖW) „Österreichischer Widerstand gegen den Nationalsozialismus“. – Link
"Franz und Franziska Jägerstätter Institut": - Link
"Franz und Franziska Jägerstätter Institut" über den Film: - Link
Trailer zum Film: - Link
Gerald Steinacher "Die Rattenlinie": - Link