Neue Videointerviews auf der Videoplattform „Vertrieben. Juden und Jüdinnen aus dem Burgenland im Interview“ online.
Am 5. Mai jährt sich die Befreiung des Konzentrationslagers Mauthausen zum 72. Mal. Dieser Tag wird in Österreich seit 1998 im Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus als Gedenktag gegen Gewalt und Rassismus begangen.
Aus diesem Anlass zeigt die Burgenländische Forschungsgesellschaft (BFG) ab 2. Mai zwei weitere Interviews, in denen sich aus dem Burgenland vertriebene ZeitzeugInnen an ihre Flucht ins rettende Ausland erinnern. Zu sehen sind Ausschnitte aus den Interviews mit Marion Fischer (die Familie stammt aus Bad Sauerbrunn) und mit Meir Leker (aus Oberpullendorf). Diese beiden Interviews, beide in deutscher Sprache, werden erstmals auf der Videoplattform präsentiert.
Weitere Interviews finden Sie auf Videokanal der BFG: -link
Biographien der einstigen BurgenländerInnen
Marion Fischer wurde 1937 geboren. Ihr Vater Alexander war Goldschmied und betrieb ein Gold, Silber und Bijouteriewarengeschäft in Bad Sauerbrunn. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten in Österreich im Jahr 1938, wollte die Familie Klein zunächst über Triest nach Palästina fliehen, musste jedoch in Zypern wegen fehlender Papiere das Schiff verlassen und gelangte 1939 zurück nach Triest. Bis zur Verhaftung ihres Vaters lebte sie mit den Eltern und ihrem älteren Bruder Oscar versteckt. Im Dezember 1940 wurden sie in das Konzentrationslager Ferramonti in Kalabrien, das größte italienische Konzentrationslager für nichtitalienische Juden und Jüdinnen und Staatenlose, gebracht. Nach 10 Monaten im Lager Ferramonti verschickte man die Familie Klein als Zivilinternierte nach Arsiero, in der Provinz Vicenza. Die Familie Frigó nahm sich ihrer besonders an und organisierte, als die Gefahr deportiert zu werden größer wurde, zu Beginn 1944 die Flucht in die Schweiz. Dort wurde die Familie zunächst in ein Flüchtlingslager untergebracht, und später nach St. Moritz geschickt, wo ihre Eltern Hilfsdienste in einem Hotel leisteten um ein wenig zu verdienen. Die Kinder kamen zu Familien in Basel, wo Marion die Volksschule besuchte. Im Jahr 1945 kam ihre Schwester Eva zu Welt. 1947 begann ihr Vater für die jüdische Hilfsorganisation „ORT“ als Instruktor in Mailand zu arbeiten. 1949 übersiedelte die Familie nach Meran, wo Marion die Mittelschule besuchte. 1950 zog die Familie auf Betreiben des Vaters nach Innsbruck, wo er eine kleine Plexiglaserzeugung, später ein Uhrmachergeschäft und einen Antiquitätenhandel eröffnete. Anlässlich eines Konzertes ihres Bruders, dem Jazzmusiker Oscar Klein, mit Fatty George in Wien, lernte Marion ihren Mann kennen, mit dem sie eine Tochter hat. Nach ihrer Trennung zog sie in der Schweiz, kam aber wieder nach Innsbruck zurück, wo sie ein Antiquitätengeschäft eröffnete. Marion Fischer lebt heute in Innsbruck, wo sie sich als Zeitzeugin in Schulprojekten engagiert
Meir Leker wurde 1926 in Oberpullendorf geboren. Sein Vater Hermann, Rechtsanwalt und Partner der Kanzlei Kahane in Oberpullendorf, kam aus Czernowitz. Seine Mutter Olga stammte aus Galizien. Noch in der Nacht der Machtübernahme wurde sein Vater von örtlichen SA-Männern verhaftet und wegen angeblicher „kommunistischer Tätigkeit“ einem Untersuchungsrichter vorgeführt. Unter der Bedingung das Burgenland zu verlassen, wurde sein Vater freigelassen. Die Familie Leker floh nach Wien und betrieb von dort die Ausreise nach Palästina. Ihnen wurde mit der Deportation nach Dachau gedroht, sollten sie das Gebiet des Deutschen Reiches nicht bis 31. Mai 1938 verlassen haben. Nur mit einer Vormerkung, aber ohne gültiges Zertifikat für die Aufnahme in Palästina, flohen sie nach Triest. Noch im Juni 1938 bekamen sie die Einreisbewilligung nach Palästina und kamen noch im selben Jahr in Tel Aviv an. Meir Leker maturierte in Palästina. Er trat anschließend der Hagana, der jüdischen Verteidigungsorganisation unter dem Britischen Mandat, bei und wurde Offizier der Einsatztruppe Palmach. Er brachte unter jüdische Einwanderer über die syrische Grenze nach Palästina. 1947 ging Meir Leker nach London und nahm das Jusstudium auf, das er 1948 für 6 Monate unterbrach, um am israelischen Freiheitskrieg teilzunehmen. 1952 kehrte er nach Tel Aviv zurück, wo er zehn Jahre als Rechtsanwalt in der Kanzlei seines Vaters tätig war. Anschließend ging er als Diplomat für Israel nach Brüssel, und war seit 1967 in Paris für die UNESCO tätig. Meir Leker lebt in Paris und ist Vorstandsmitglied der „International Association of Legal Science“ (IALS).
Weitere Informationen zum Projekt: gert.tschoegl@forschungsgesellschaft.at
Weitere Interviews finden Sie auf dem Videokanal der BFG.
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