21. Seminar

Freitag, 19. August 2011 - Freitag, 2. September 2011

Ausnahmezustand & Holocaust Education: Das 21. Israel Seminar

Zwei Wochen Israel, zwei Wochen Yad Vashem-Seminar, zwei Wochen Ausnahmezustand. Und das ist vorerst keine politische Anspielung, auf die israelische Innenpolitik und die sozialen Probleme. Wie anders sollte die Situation beschrieben werden, wenn plötzlich viele Grenzen zu verschwimmen beginnen. Da wäre zuerst die Relativität. Was ist Normalität in einem Land, das seit seiner Gründung in Kriegszustand lebt? Wieweit stimmen die durch die Medien evozierten Bilder in den Köpfen mit der Realität überein. Wie anders kann der Zustand beschrieben werden, wenn Wissenslücken so groß sind wie vormals das Neuland? Zwei Wochen Holocaust Education: Ein Leben mit Toten und Zeitzeugen? Erinnerung mit gesetzlicher Verpflichtung und Auftrag. Ausnahmesituationen können das Leben nachhaltig verändern. Das Seminar von erinnern.at ist eine kalkulierte Ausnahmesituation, denn die Dimension des Verbrechens und die Verpflichtung für die Nachwelt kann nur in Israel so erfahren werden.
Die Komplexität ist gewaltig und das Bündel an Problemen könnte nicht dichter sein, gerade dieses Unterfutter für das Seminar ist es, dass nach wenigen Tagen die notwendige Einsicht garantiert, die wichtig ist, um sich nicht in vorschnellen Urteilen für die Vergangenheit und die Gegenwart zu verlieren.  Die Dramaturgie des Seminars garantiert die Verbindung zwischen Wissenserwerb in Form von brillanten Vorträgen, die eine Zusammenfassung von jüdischer Geschichte, Antisemitismus, aber auch der Genese der Vernichtung bieten, wie sie wohl selten zu hören sind und einer Praxis, die Handlungsanleitungen für die Umsetzung mit Schülerinnen und Schülern liefert.
Dass es mehrere Narrative gibt, dies wurde durch den Besuch in Lochame und im Center for Humanistic Studies deutlich, die vom Zugang als auch vom Methodischen eine Ergänzung zu Yad Vashem boten. Dazwischen lag die Erkundung des Landes mit vielen ungewöhnlichen Einsichten: Tiberias mag zwar eine heilige Stadt sein, aber gastlich ist sie nicht, Safed am Hügel beherbergt nicht nur Kabbalisten, sondern auch Künstler, ein Wasserfall in der Steppe ist möglich, der Golan ist mehr als nur ein Hügel, aber wie ist das mit dem Sex bei den Orthodoxen? Das Ende des Ramadan in Akko ist ein Eintauchen in einer anderen Welt, der Strand von Naharia ein Vorgeschmack auf Tel Aviv und ZeitzeugInnen sind normale Menschen, die keineswegs sakrosankt sind.
Diese Mischung aus intensiven Arbeitseinheiten und Eindrücken vor Ort, sei es das Hospitz, der Basar, die Klagemauer, die Chagall Fenster, ein Bunker oder eine Taxifahrt, die keine Beschränkungen sei es die Beladungsfähigkeit des Autos noch die Farben der Ampeln kennt, machten dieses Seminar zu einem Ausnahmezustand, der alles und vor allem Denkanstöße garantiert.

Elisabeth & Robert Streibel

 

Erfahrungsbericht von Susanne Schönbrunner: Israel sehen und doch nicht sterben (Kreidekreis, 11/2011) - download