Widerstandskämpferin und KZ-Überlebende Irma Trksak ist verstorben
Irma Trksak, die widerständige Wiener Slowakin, ist in ihrem 100. Lebensjahr in Wien verstorben.
Irma Trksak wurde 1917 in Wien geboren. Ihre Eltern kamen wie Tausende andere vor dem Ersten Weltkrieg aus der Slowakei nach Wien, um Arbeit zu finden. Sie wuchs in einer ArbeiterInnenfamilie auf und besuchte tschechische Schulen in Wien.
Widerstand: Schon als Jugendliche aktiv
Schon als Schulkind wurde sie mit Feindseligkeiten konfrontiert, leistete aber schon damals Widerstand: „Am Brigittaplatz wurden wir Tschechen von anderen Kindern abgepasst … ‚falsche Behm‘ haben sie uns nachgeschrien“, erzählte Trksak. Doch die tschechischen Kinder wehrten sich mit ihren Schultaschen.
Als 1934 der Bürgerkrieg ausbrach und die Sozialdemokratische Arbeiterpartei ins Exil nach Brno/Brünn floh, wurde dort auch die Arbeiterzeitung gedruckt. Die Zeitung wurde illegal nach Österreich gebracht, Irma Trksak und ihr Vater verteilten die verbotene Zeitung an sozialdemokratische Familien.
Mensch bleiben: Widerstand im Nationalsozialismus
Irma Trksak absolvierte einen Lehrgang zur Ausbildung als Lehrerin an der Pädagogischen Akademie in Prag. Nach ihrem Abschluss erhielt sie eine erste Anstellung als Lehrerin in der Volksschule in der Vorgartenstraße und in einer Hauptschule als Turnlehrerin. Turnen war eine von Trksaks Leidenschaften.
Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme konnte Irma Trksak noch einige Zeit weiter unterrichten, doch 1939 wurde ihr Vertrag nicht mehr verlängert. Wegen ihrer slowakischen Familie galt sie als Mensch zweiter Klasse. Tschechische und slowakische Vereine wurden aufgelöst, Kinder in die deutschsprachigen Schulen geschickt.
Auch wegen dieser Ungerechtigkeiten schloss sie sich dem kommunistisch gesinnten tschechoslowakischen Widerstand in Wien an. Gemeinsam mit ihren Partner Ludwik Štěpánek und anderen stellte sie Flugblätter her, die ArbeiterInnen zum Widerstand aufriefen. Auch Sabotageakte führte die Gruppe durch. Bis sie schließlich von der Gestapo ausgehoben wurde. Ludwik Štěpánek wurde verhaftet, er beging in seiner Zelle Selbstmord. Irma Trksak wurde 1941 verhaftet. Sie wurde ins Polizeigefängnis Rossauer Lände gebracht, dort hielt sie den Verhören stand und verriet niemanden. Nach einem Jahr Haft wurde Irma Trksak in das Frauenkonzentrationslager Ravensbrück deportiert.
Wiederstand unter schwersten Umständen
Die Ankunft im Konzentrationslager, die sogenannte ‚Entlausung‘, blieb ihr als besonders entmenschlichend in Erinnerung. Trksak wurde in Ravensbrück als Zwangsarbeiterin eingesetzt, dort verfälschte sie als Schreiberin die Statistiken über die Arbeitsleistungen der Zwangsarbeiterinnen, um diese zu schützen. Später wurde sie ‚Stubenälteste‘ und musste nicht mehr in der Fabrik arbeiten. Sie setzte alles daran, dass die inhaftierten Frauen ihr Selbstwertgefühl nicht verlieren.
Rund um Irma Trksak wurden Zukunftspläne geschmiedet, offene Gespräche geführt, das Kriegsgeschehen in der Hoffnung auf die Niederlage von NS-Deutschland diskutiert, Sketches die sich über die SS lustig machen wurden aufgeführt.
Jemand verriet Trksak, so dass die Gestapo sie zur Strafe anfangs 1945 in das nahe gelegene KZ Uckermark verlegte, wo kranke und ältere Häftlingsfrauen ermordet wurden. Irma Trksak überlebte, ihr gelingt die Flucht auf einem ‚Evakuierungsmarsch‘. Nach der Befreiung kehrte sie nach Wien zurück.
Ihre Brüder kehren nicht mehr aus dem Krieg zurück: Einer wurde in Mauthausen ermordet, der andere starb in den Reihen der tschechoslowakischen Exilarmee an der Front. Ihre ältere Schwester überlebte als Au-pair-Mädchen in England.
Nach 1945 engagierte sich Irma Trksak als Zeitzeugin, sie besuchte Schulen und gründet die Österreichischen Lagergemeinschaft Ravensbrück. 2016 wurde ihr das silberne Verdienstzeichen der Republik Österreich verliehen.
Wenn sie von ihrer Kindheit erzählte, vergleicht sie die Feindlichkeit von damals mit jener der Gegenwart: „Wir waren die Tschuschen von damals.“
Weitere Informationen:
Video-Interviews mit Irma Trksak in der österreichischen Mediathek Teil 1 & Teil 2.