Abschlussbericht des israelisch-österreichischen Schulbuchkomitees und Anregungen zur Behandlung Jüdischer Geschichte und Geschichts-Karten zu Israel in österreichischen Schulbüchern

Das bilaterale Schulbuchkomitee präsentierte am 27.1.2022 den gemeinsamen Abschlussbericht: „Die Darstellung von Juden, Judentum und Israel in österreichischen Schulbüchern sowie von Österreich in israelischen Schulbüchern". Ergänzt wurde der Bericht 2023 durch eine Broschüre, die Anregungen dazu bündelt, wie Jüdische Geschichte in österreichischen Schulbüchern behandelt und Geschichts-Karten zu Israel dargestellt werden sollten.

Seit 2017 geht das israelisch-österreichische Schulbuchkomitee der Frage nach, welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen israelischen und österreichischen Schulbüchern für den Geschichts- und Staatsbürgerkundeunterricht sowie für Geografie bestehen. Auf der Grundlage der jahrelangen gemeinsamen Forschung präsentierte das Komitee nun den gemeinsamen Abschlussbericht. Neben der dezidierten Analyse der Schulbücher erarbeitete das Komitee Empfehlungen zur Darstellung der jüdischen Geschichte, des Nationalsozialismus/der Shoah und von Israel in österreichischen Schulbüchern, sowie Empfehlungen zur Darstellung Österreichs in israelischen Schulbüchern. Der Abschlussbericht wurde am 27.01.2022 online vorgestellt.

Ergänzt wurde der Bericht im Rahmen der 4. Schulbuchgespräche am 14./15. Juni 2022 in Wien durch Anregungen zu den österreichisch-israelischen Schulbuchgesprächen für eine sorgfältigere und umfassendere Behandlung Jüdischer Geschichte und Geschichts-Karten zu Israel in österreichischen Schulbüchern.

Der Abschlussbericht und die ergänzende Broschüre stehen hier zum Download zur Verfügung.

Internationale Zusammenarbeit

Der Staat Israel und die Republik Österreich unterhalten seit vielen Jahren umfassende und freundschaftliche diplomatische Beziehungen und arbeiten in den Bereichen Bildung, Wissenschaft und Forschung intensiv zusammen.

Das erste bilaterale „Memorandum of Understanding“ zur Kultur- und Bildungskooperation aus dem Jahr 1996 bildete eine wichtige Grundlage für die positive Entwicklung der Beziehungen zwischen den beiden Ländern. Dieses Dokument war der Schlüssel zur konstruktiven Zusammenarbeit im Umgang mit einem für Österreich und Israel sehr schwierigen Kapitel der österreichischen, europäischen und jüdischen Geschichte des 20. Jahrhunderts, das durch den Nationalsozialismus und den Holocaust geprägt war. Das „Memorandum of Understanding“ enthielt das erste Bekenntnis zur Zusammenarbeit im Bereich der Holocaust-Education und empfahl die gemeinsame Analyse von Schulbüchern für den Geschichts- und Geographieunterricht.

Der erste Schritt zur Umsetzung dieser Initiative war eine Modellpartnerschaft für die Lehrerausbildung zwischen Yad Vashem und dem vom österreichischen Bundesministerium für Bildung eingerichteten Institut für Holocaust-Education ERINNERN:AT. Seither haben sich 800 österreichische Lehrkräfte mit jüdischen und israelischen Shoah-Erzählungen auseinandergesetzt; es wurde ein breites Spektrum an modernen Unterrichtsmaterialien entwickelt, und beide Länder sind als Mitglieder der „International Holocaust Remembrance Alliance“ eine Arbeitspartnerschaft eingegangen, um eine angemessene Vermittlung der Shoah zu gewährleisten und Antisemitismus aktiv zu bekämpfen. Alle österreichischen BildungsministerInnen haben seither Arbeitsbesuche in Israel durchgeführt, und es wurden zahlreiche weitere Kooperationsvereinbarungen geschlossen.

Seit 2017 wird diese erfolgreiche Beziehung im Bildungsbereich in Form einer bilateralen Kommission fortgesetzt, die von den Bildungsministerien beider Länder eingerichtet wurde und die Aufgabe hat, israelische und österreichische Schulbücher für den Geschichts- und Staatsbürgerkundeunterricht sowie für Geografie zu vergleichen. Dies stellt einen wichtigen Meilenstein in den bilateralen Beziehungen zwischen den beiden Nationen dar, da die Analyse all die Prozesse untersucht, die das Selbstbild junger Menschen in beiden Ländern mit ihrer jeweils eigenen komplexen historischen Vergangenheit prägen, und dadurch das gegenseitige Verständnis fördern soll. Dieses Projekt ähnelt einer anderen Studie, die zwischen 2010 und 2014 von einer gemeinsamen israelisch-deutschen Kommission durchgeführt wurde.

Israelisch-österreichischer Schulbuchvergleich

Die Entscheidung beider Länder, die Unterrichtsmaterialien zu prüfen, war mutig, denn es ist ein mutiger Schritt, sich gegenseitig die Einstellungen, Stereotypen und Eindrücke des jeweils anderen Landes, die sich in den Schulbüchern widerspiegeln, zu erläutern und dann gemeinsam Empfehlungen für notwendige Verbesserungen zu formulieren. Dies erfordert auch ein hohes Maß an Offenheit und gegenseitigem Vertrauen.

Dabei wurde eine Reihe von Fragen untersucht, insbesondere die Frage, wie die Schulbücher in den beiden Ländern den aktuellen und historischen Stand der Dinge im jeweils anderen Staat darstellen. Die zeitaufwändige und umfassende Analyse, die intellektuelle Anstrengung und die von allen Partnern investierte Kreativität spiegeln die Tatsache wider, dass Schulbücher einer von mehreren Faktoren sind, die das Bewusstsein der SchülerInnen prägen. Die ausgewählten Fächer Geschichte (das in Österreich auch Staatsbürgerkunde einschließt) und Geografie sind besonders geeignet, das Weltbild der heutigen Jugend zu beeinflussen.

Die gemeinsame Kommission traf sich zunächst zu Konferenzen und intensiven Diskussionen, die sich aufgrund der COVID-19-Pandemie in zahlreiche Online-Arbeitssitzungen verlagerten. Der Prozess erforderte Engagement, Verständnis und Sensibilität für die unterschiedlichen Wahrnehmungen der historischen Ereignisse und Entwicklungen.

In einer Zeit, in der sich Bildungsmedien nicht nur auf Schulbücher beschränken, sondern ein breites Spektrum an Materialien umfassen, ist es das Ziel dieser Analyse, alle relevanten Stakeholder zu motivieren, ihre Erkenntnisse umzusetzen und dafür zu sorgen, dass diese bei der Unterrichtsgestaltung beachtet werden. Dies wird zweifellos Zeit in Anspruch nehmen, aber wir sind überzeugt, dass die notwendigen Veränderungsprozesse gelingen und zu einer weiteren positiven Entwicklung der bilateralen Beziehungen zwischen Österreich und Israel führen werden. 

Im Vorwort des Abschlussberichtes betonen das israelische sowie das österreichische Bildungsministerium die professionelle Zusammenarbeit innerhalb der Kommission, von deren Forschungsergebnissen beide Bildungswesen und der gemeinsame Dialog profitieren:

„Wir danken den Mitgliedern der Kommission, die ihre Aufgaben in professioneller Art und Weise, mit großem Engagement und in einer Atmosphäre des gegenseitigen Respekts wahrgenommen haben: dem Vorsitzenden der österreichischen Kommission, Dr. Werner Dreier, und ihren Mitgliedern, Prof. Philipp Mittnik, Dr. Claudia Rauchegger-Fischer, Mag. David Hasenauer, Univ. Doz. Dr. Eleonore Lappin-Eppel und Dr. Falk Pingel, sowie den Mitgliedern der israelischen Kommission, Dr. Dalit Attrezki, Dr. Orna Katz Atar, Belha Glicksberg, Dr. Kasem Darawsha, Pnina Gazit, Shoshi Yitzhaki, Hanita Baram, Sarah Brom, Prof. Arnon Medzini, Hadar Brodman, Ali Harish, Gilad Menib, Dr. Anat Kidron und Amos Raban, die die Arbeit der Kommission in professioneller und herzlicher Weise durchgeführt haben.“ – Dalia Fenig (Bildungsministerium Israel), Martina Maschke (Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung, Österreich - BMBWF), Sonja Hinteregger-Euller (BMBWF)

 

Anregungen zu den österreichisch-israelischen Schulbuchgesprächen: Behandlung Jüdischer Geschichte und "der Kampf der Karten"

Im Rahmen der 4. Schulbuchgespräche am 14. und 15. Juni diskutierten VertreterInnen der Fachwissenschaften (Geschichtswissenschaft, Judaistik, Geschichtsdi­daktik…) sowie die österreichischen Mitglieder des österreichisch-israelischen Schulbuchkomitees mit LektorInnen der österreichischen Schulbuchverlage und VertreterInnen des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kunst die Ergebnisse des Abschlussberichtes im Hinblick auf die Umsetzung der vom österreichisch-israelischen Schulbuchkomitee formulierten Empfehlungen. Die Diskussionen wurden in Form von vier Berichten aus den Workshops in einer weiteren Publikation zusammengefasst. 

Weiters gibt die Broschüre Anregungen zu zwei zentralen Forschungsbereichen der österreichisch-israelischen Schulbuchgespräche: Die Behandlung Jüdischer Geschichte in österreichischen Geschichtsbüchern sowie die Darstellung Israels in Geschichtskarten und Geschichtsatlanten. Eleonore Lappin-Eppel beispielsweise stellt in ihrem Beitrag die jüdische Innensicht auf die historischen Ereignisse in den Vordergrund und beschreibt eine jüdische Bevölkerung, die weit weniger homogen ist als in den Schulbüchern dargestellt. Ihr Beitrag enthält darüber hinaus Anregungen, wie einem weiteren, bei der Schulbuchanalyse festgestellten, gravierenden Defizit begegnet werden könnte, nämlich der mangelnden Befassung mit jüdischem Leben nach 1945. Martin Liepach kommentiert in seinem Beitrag didaktischen Herausforderungen und arbeitet einige didaktische Spezifika im Hinblick auf jüdische Geschichte heraus. Vadim Oswalt analysiert existierende Karten und beschreibt die Herausforderungen, die es bei Diskussion von Geschichts-Karten zu nehmen gilt: Nahezu jede Linie und nahezu jeder Begriff können als umstritten begriffen werden – ein regelrechter „Kampf der Karten“. Daran anknüpfend zeigt er alternative Formen der Darstellung auf, die bei anstehenden Überarbeitungen von Schulbüchern und Karten hilfreich sein können.

Download der Broschüre: Jüdische Geschichte und Geschichts-Karten zu Israel in österreichischen Schulbüchern. Ergänzende Anregungen zu den österreichisch- israelischen Schulbuchgesprächen


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Impressum des Abschlussberichtes

Medieninhaber und Verleger:
Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung
Abteilung Präs/14 & Abt. V/8
Herausgegeben von Sara Brom, Werner Dreier, Eleonore Lappin, Falk Pingel, Amos Raban
Minoritenplatz 5, 1010 Wien
Tel.: +43 1 531 20-0
Grafische Gestaltung: Sabine Sowieja
Druck: BMBWF
Wien, 02.2020

Impressum der ergänzenden Broschüre „Jüdische Geschichte und Geschichtskarten zu Israel in österreichischen Schulbüchern“

Medieninhaber und Verleger:
Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung
Abteilung Präs/14 & Abt. V/8
Herausgegeben von Werner Dreier, Falk Pingel
Minoritenplatz 5, 1010 Wien
Tel.: +43 1 531 20-0
Grafische Gestaltung: Sabine Sowieja
Druck: BMBWF
Wien, 03.2023