Pädagogische Materialien zum Thema „NS-Verfolgung Homosexueller"

Hier finden Sie eine stetig wachsende kuratierte Sammlung an pädagogischen Materialien und Medien, die ERINNERN:AT für die Auseinandersetzung mit dem Thema im Unterricht empfiehlt.

ERINNERN:AT widmet sich im Jahresschwerpunkt 2023 erstmals der NS-Verfolgung Homosexueller und reagiert damit auf eine Leerstelle in der österreichischen Erinnerungskultur und Bildungsarbeit. Bisher sind erst sehr wenige Unterrichtsmaterialien und didaktische Vorschläge zur Verfolgung und Ermordung Homosexueller während der NS-Zeit verfügbar.

Im Laufe des Jahres werden wir hier fortlaufend ausgewählte Projekte, Lernmaterialien und Medien vorstellen, die Lehrkräfte darin unterstützen, das Thema Verfolgung Homosexueller während des Nationalsozialismus aber auch dessen Nachwirkungen und Kontinuitäten nach 1945 im Unterricht zu behandeln. Auch werden neue Lernmaterialien erarbeitet, die Jugendlichen einen niedrigschwelligen und persönlichen Zugang zum Thema über konkrete Biografien aus ganz Österreich ermöglichen.  

Bei der Auseinandersetzung mit den hier gelisteten Materialien und Quellen für den Unterricht muss Folgendes berücksichtigt werden:

  • Auch nach dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich haben in der „Ostmark“ andere gesetzliche Grundlagen bestanden als im bisherigen Deutschen Reich. Der seit 1852 geltende Strafrechtsparagraph 129 blieb auch nach dem März 1938 aufrecht und stellte weibliche Homosexualität genauso unter Strafe wie männliche, obwohl der entsprechende in Deutschland geltende §175 nur männliche „Unzucht“ bestrafte. Daher sind die konkreten Verfolgungsgeschichten aus Deutschland nicht immer auf den österreichischen Kontext übertragbar.
  • Die Verfolgungskategorien und -gründe wurden durch die TäterInnen und das NS-System definiert. Die Zuschreibungen drücken die NS-Ideologie aus und reflektieren nicht vordergründig die Identitäten der Betroffenen oder tatsächliche Geschehnisse.
  • Unter den homosexuellen Verfolgten waren Männer, Frauen, Trans- und Interpersonen. Im Fokus der Verfolgungsbehörden standen dennoch in erster Linie homosexuelle Männer. Dies setzte sich in der Wahrnehmung der Zeit und der Erinnerung nach 1945 fort.



„Es ist eben leider so, dass ich dich von Herzen lieb gewonnen habe.“ – Als homosexuell verfolgt im Nationalsozialismus

Das Unterrichtsmaterial für die Oberstufe entstand in einer Kooperation zwischen QWIEN und ERINNERN:AT. Ziel war, erstmals Lernmaterialien zu entwickeln, mit denen Pädagoginnen und Pädagogen eine lange Zeit vergessene und unterrepräsentierte Opfergruppe des NS-Regimes im Unterricht behandeln können: die als homosexuell Verfolgten während der NS-Zeit. Die Lernmaterialien basieren auf elf Lebensgeschichten von Menschen aus allen neun Bundesländern, die in der NS-Zeit als homosexuell verfolgt wurden, sowie der Geschichte eines Täters, der in Wien maßgeblich für deren Verfolgung und Verhaftung verantwortlich war. Sie ermöglichen eine niederschwellige Bearbeitung im Unterricht. Die biografischen Skizzen reichen vom Leben vor 1938 über die Verfolgung (und Ermordung) bis zum Leben nach 1945. Auch der (späten) Erinnerung an die Opfer der NS-Verbrechen widmet sich das Lernmaterial.

Zu den Unterrichtsmaterialien

Digitales Lernmodul „Als homosexuell Verfolgte im nationalsozialistischen Deutschland und Österreich“

Auf der trinationalen deutschsprachigen IWitness-Bildungsplattform «LEBENSGESCHICHTEN» begegnen NutzerInnen videografierten ZeitzeugInnen und setzen sich über digitale Lernmodule, sogenannten Activities, mit deren Biografien und geschichtlichen Hintergründen auseinander. 2023 neu hinzugekommen ist ein Lernmodul, über das sich SchülerInnen ab 14 Jahren (Sek II) mit den als homosexuell Verfolgten im nationalsozialistischen Deutschland und Österreich befassen. Die Basis der IWitness-Activity sind lebensgeschichtliche Videointerviews von ZeitzeugInnen, schriftliche Erinnerungsberichte und weiteres Quellenmaterial wie Akten, Briefe und Fotografien. Durch das Lernmodul lernen Schülerinnen und Schüler Aspekte der Homosexuellen-Verfolgung im Nationalsozialismus kennen und können Unterschiede in Lebenssituationen und Verfolgungsmaßnahmen zwischen als homosexuell verfolgten Männern und Frauen festmachen.

Zum Lernmodul


"Stories that Move" - Digitale Toolbox gegen Diskriminierung

Die digitale Lernressource „Stories that Move” unterstützt PädagogInnen dabei, Diskriminierung und Rassismus im Unterricht zu thematisieren. Ausgehend von Videos, in denen Jugendliche über ihre eigenen Erfahrungen mit Ausgrenzung und Diskriminierung sprechen, schult die Anwendung der Toolbox das selbstreflexive Denken der SchülerInnen und regt diese an, ihre eigenen Denkmuster und Haltungen zu hinterfragen. Neben Themen wie Rassismus, Antisemitismus und Antiziganismus setzen sich die Jugendlichen auch mit der Diskriminierung Homosexueller in Geschichte und Gegenwart auseinander; beispielsweise durch die Lebensgeschichte des Zeitzeugen Stefan Kosiński, der aufgrund seiner sexuellen Orientierung und seiner Liebe zu einem österreichischen Wehrmachtsoldaten von den Nationalsozialisten verfolgt wurde. Weiters wird Jugendlichen das Wort gegeben, die über ihre eigenen Erfahrungen mit Homo- und Transphobie sprechen, um daran anknüpfend die Auswirkungen von Diskriminierung heute und Möglichkeiten, dagegen vorzugehen, zu diskutieren.

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Jugendsachbuch "Nationalsozialismus in Wien" - Kapitel zur NS-Verfolgung Homosexueller

Mit der Wien-Ausgabe der ERINNERN:AT Jungendsachbuchreihe „Nationalsozialismus in den Bundesländern“ bekommen junge LeserInnen wie auch interessierte Erwachsene einen guten Überblick über die Verbrechen der NS-Herrschaft in Wien. Mit über 350 Bildern und einer leicht verständlichen Sprache, die auf komplexe wissenschaftliche Terminologie verzichtet, fasst das Buch die Erkenntnisse der (lokalen) Geschichtswissenschaft zusammen und bietet einen niedrigschwelligen Einstieg ins Thema. Ein Kapitel beschäftigt sich mit der „Verfolgung homosexuell orientierter Menschen“. Einleitend wird darin auf die rechtlichen Grundlagen, die homosexuelle Subkultur vor 1938, die Verfolgung durch das NS-Regime sowie die Situation nach 1945 eingegangen. Daran anknüpfend stehen drei Biografien im Fokus:  Vorgestellt werden Josef Kohout, Dorothea Neff und Friedrich Guzmann. Für den Einsatz des Buches im Unterricht stehen außerdem didaktische Hinweise zur Verfügung: Link

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Lernheft: „Ein Mensch ist ein Mensch“. Rassismus, Antisemitismus und sonst noch was...

Mithilfe des Lernhefts von ERINNERN:AT können sich Jugendliche ab der 8. Schulstufe mit verschiedenen Formen der Ausgrenzung und Abwertung auseinandersetzen: Was ist Antisemitismus? Wie funktioniert Rassismus? Auf welche Weise bin ich selbst schon Diskriminierung begegnet? Für die Entwicklung des Lernmaterials haben Jugendliche unterschiedlicher Herkunft und Religion aus ganz Österreich über ihre Erfahrungen mit Antisemitismus, Rassismus und Homophobie sowie ganz allgemein über Ausgrenzung und Abwertung erzählt. So spricht Sophie bei der Frage nach verletzender Sprache ihre Erfahrung als Lesbe an und Dario berichtet bei der Frage nach Identität über sein eigenes Coming-out. Ein Kapitel thematisiert die Geschichte der NS-Verfolgung von Jüdinnen und Juden, Roma/Romnija und Sinti/Sintizze, Homosexuellen sowie weiteren Opfergruppen. Das abschließende Kapitel „Tun wir was!“ geht auf Möglichkeiten ein, wie wir uns heute gegen Antisemitismus, Rassismus und Homophobie stark machen können. Jedes Kapitel schließt mit einem Arbeitsblatt ab, das verschiedene Arbeitsaufträge für Einzel- sowie Gruppenarbeiten bereithält.

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Websammlung: Arolsen Archives

Anlässlich der Pride Season gab das Arolsen Archive Einblicke in die Geschichte der Verfolgung queerer Menschen. Beiträge auf dieser Seite widmen sich unter dem Titel „Der lange Weg zur Straffreiheit“ den Kontinuitäten nach 1945, dem Buch „Erinnern in Auschwitz – auch an sexuelle Minderheiten“ oder der NS-Zuschreibungen und Haftkategorien queerer Menschen auch abseits der Identitäten der Betroffenen. Darüber hinaus werden einzelne Biografien vorgestellt, so etwa die Geschichte der Wienerin Ruth Maier und der Norwegerin Gunvor Hofmo, die sich 1940 kennen lernten und zwei Jahre als glückliches Paar verbrachten. 1942 wurden sie auseinandergerissen, als die Nationalsozialisten Ruth Maier in das Konzentrationslager Auschwitz deportierten und sie wenige Tage nach ihrer Ankunft ermordeten.

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Film: „Große Freiheit“

Als Hans Hoffmann nach dem Zusammenbruch des Nationalsozialismus von Soldaten der Alliierten aus dem Konzentrationslager befreit wird, landet er wegen seiner Homosexualität im Regelvollzug; denn der Paragraph 175, der Homosexualität unter Strafe stellt, ist in Westdeutschland unverändert in Kraft. Im Gefängnis begegnet Hans dem verurteilten Mörder Viktor. Der will mit einem "175-er" nichts zu tun haben. Doch Hans' rebellischer, stoischer Stolz, der sich auf dem Gefängnishof und gegen die Willkür der Wärter zu behaupten weiß, nötigt ihm Respekt ab. Wieder und wieder landet Hans im Gefängnis, und trifft auf Viktor. Eine Schicksalsgemeinschaft, verbunden durch eine unstillbare Sehnsucht nach Freiheit und Leben. Oder ist es am Ende, allen Widerständen zum Trotz, Liebe?
Thematische und filmästhetische Hintergrundinformationen zur Filmbesprechung sowie Vorschläge für Arbeitsaufgaben für eine Filmanalyse im Unterricht (ab Sek II) wurden vom Institut für Kino und Filmkultur („Kino und Curriculum“) aus Deutschland zusammengestellt.

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Jugendbuch: Kampala – Hamburg. Roman einer Flucht

Das Jugendbuch von Lutz van Dijk erzählt die Geschichte zweier Jugendlicher, die sich für ihre Rechte und die Anerkennung als Homosexuelle einsetzen: Der 18-Jährige David aus Hamburg schreibt im Internet er wolle die Rechte sexueller Minderheiten in Afrika unterstützen. So wird der 16-Jährige David aus Kampala auf ihn aufmerksam – denn für diese Aussage könnte man in seinem Heimatland Uganda bis zu sieben Jahre ins Gefängnis kommen. Das Buch basiert auf wahren Begebenheiten und liest sich vor dem Hintergrund der anhaltenden Verfolgung sexueller Minderheiten in Uganda, wo es auch heute noch Bemühungen gibt, die Todesstrafe für Homosexuelle einzuführen. Zum Roman stehen Unterrichtsanregungen inklusive Arbeitsblätter für die Sekundarstufe I und II zur Verfügung. Die Aufgaben orientieren sich an den Kapiteln des Buches, sodass sie während der Lektüre begleitend bearbeitet werden können. Thematisiert werden Fragen nach Lebenskonzepten, sexuellen Orientierungen und Transidentitäten. In diesem Kontext setzen sich die Lernenden mit der Geschichte und dem Selbstverständnis der LGBTIQ*-Bewegung und der Fluchterfahrung der ProtagonistInnen auseinander. Ein abschließendes Arbeitsblatt nimmt konkrete migrationsrechtliche Aspekte in Deutschland in den Fokus. 

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Projekt: „Lesben – Schwule – Transgenderpersonen: Diskriminierung aufgrund der sexuellen Identität“

In diesem Projekt von Zentrum Polis setzen sich SchülerInnen mit den Lebenssituationen von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Intersexuellen und Transgenderpersonen (LGBTIQA*) auseinander und werden darin bestärkt, eine antidiskriminierende Haltung zu entwickeln bzw. beizubehalten. Als Einstieg ins Thema sammelt und diskutiert die Klasse, welcher Verfolgung und Diskriminierung Homosexuelle ausgesetzt waren und sind, aber auch welche Veränderungen es in Österreich in den letzten Jahrzehnten gegeben hat. In einem nächsten Schritt können ExpertInnen von Initiativen für Lesben, Schwule, Intersexuelle und Transgenderpersonen eingeladen werden. Ebenso kann die Informationsbroschüre „Anders als erwartet“ für Eltern homosexueller Kinder besprochen werden. Anschließend wird ein Film gezeigt, der das Thema Coming-Out oder das Leben von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Intersexuellen und Transgenderpersonen zum Thema hat. Zu vier Filmen stehen Lehrkräften bereits formulierte Fragestellungen für die Filmbesprechung zur Verfügung. Abschließend wird anhand eines Zeitungsartikels die Verwendung von Schwul als Schimpfwort kritisch reflektiert.

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Lernmaterialien: ”Meine Nacht im Gefängnis, weil ich einen Mann küsste” - Kämpfe um Gleichstellung: Die Homosexuellenbewegung in Österreich

Anhand dieser Lernmaterialien des Haus der Geschichte Österreich können sich Schülerinnen und Schüler mit der Homosexuellenbewegung in Österreich auseinandersetzen. In zwei bis vier Unterrichtseinheiten behandelt das Material Kämpfe um Anerkennung, um Rechte sowie um die Gleichstellung marginalisierter Gruppen, die vor allem in den 1970er und 1980er Jahren geführt wurden. Am Beispiel der Homosexuellenbewegung soll gezeigt werden, was Diskriminierung und rechtliche Benachteiligung in der Praxis bedeuten können, wie Gruppen beginnen, Widerstand dagegen zu entwickeln, und wie rechtliche Bedingungen und gesellschaftliche Positionen dadurch verändert werden können. Ausgangspunkt für die Bearbeitung des Themas sind fünf Interviews mit Menschen, die über ihre Erfahrungen von Diskriminierung aufgrund ihrer Sexualität und über ihren Kampf um Gleichstellung berichten.

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