Gedenken in Wiener Neustadt am 9. November 2018
Organisiert vom Historiker Dr. Werner Sulzgruber und der Stadtgemeinde Wiener Neustadt gelang es nicht nur, eine eindrucksvolle Gedenkveranstaltung zu realisieren, sondern auch eine hochinteressante Abendveranstaltung anzubieten, die jeweils viele Interessierte anzog.
Gedenkveranstaltung
Zirka 250 bis 300 Gäste fanden sich um 17.30 Uhr zum Gedenken vor dem Stadtmuseum Wiener Neustadt, in unmittelbarer Nähe des ehemaligen Standortes der Synagoge, ein. Moderiert wurde von der Leiterin des Stadtmuseums, Mag.a Eveline Klein.
Dr. Sulzgruber: „Mir war es sehr wichtig, dass im Gedenkjahr 2018 eine solche Gedenkveranstaltung stattfindet und jener Personenkreis involviert ist, der in der Erinnerungsarbeit in Wiener Neustadt seit Jahren aktiv ist.“
So wurde das Gedenken ein Miteinander jener Menschen, die in Wiener Neustadt einen Beitrag zum Erinnern geleistet haben: Mitglieder des Arbeitskreises „Stolpersteine für Wiener Neustadt“ (Dr. Anton Blaha, Max Huber und Pastor Peter Mömken) und Dr. Werner Sulzgruber, seinerseits Historiker, der seit über 25 Jahren die wissenschaftliche Forschungsarbeit dazu leistet.
Eine ganz besondere Bereicherung allerdings war der Besuch von zwei Überlebenden der Shoah, nämlich von Gertrude Rosenberg, geborene Pollak, und Miriam Yaron, geborene (Herta) Gerstl, gemeinsam mit Familienangehörigen, die aus Israel angereist waren, um anlässlich des Gedenkjahres (auf Einladung des Bundeskanzlers und des Bildungsministers) in Österreich zu sein und ‒ von Freunden aus Österreich begleitet ‒ nach Wiener Neustadt zu kommen, um an der lokalen Gedenkveranstaltung teilzunehmen.
Sulzgruber ging am Beginn der Veranstaltung auf den „Erinnerungsort Synagoge“ (Baumkircherring 4) ein und machte die Synagoge als einstiges religiöses Zentrum der Wiener Neustädter jüdischen Gemeinde, aber auch als „Ort der Angst und Gewalt“ bewusst, als Nationalsozialisten im November 1938 den großen Davidstern herausmeißelten, das Innere des Gotteshauses zerstörten und der Sakralbau zu einem Sammellager für rund 100 Jüdinnen und Juden wurde.
Im Zentrum stand der Akt des Gedenkens an alle Shoah-Opfer aus Wiener Neustadt. Während die Namen der Menschen, einschließlich der Orte ihres Todes, vorgelesen wurden, legten Gäste Lichtkerzen und Steine ab ‒ als Zeichen ihrer zu erinnern. Von den rund 860 Jüdinnen und Juden, die 1938 in Wiener Neustadt gelebt hatten, kamen 235 nachweislich in der Shoah um.
Bürgermeister Mag. Klaus Schneeberger fand schließlich am Ende einfühlende Worte zum Gedenken in Wiener Neustadt.
Informationsveranstaltung
Nach der über eine Stunde dauernden Gedenkveranstaltung gingen die Besucher/innen anschließend zum „Gläsernen Saal“ des BORG Wiener Neustadt, Herzog-Leopold-Straße 34, um ein zusätzliches Angebot an diesem Tag wahrzunehmen.
Dr. Sulzgruber: „Es ist meiner Meinung nach zu wenig, wenn es bei einem Akt des Gedenkens bleibt, ohne die Bevölkerung darüber aufzuklären, was 1938 genau geschah. Deshalb war es mir ein Anliegen, einen Informationsabend zu organisieren, an dem die Ereignisse der Novemberpogrome eingehender vor Augen geführt werden.“
Tatsächlich war das Interesse an Weiterem groß, und letztlich waren sämtliche Sitzplätze im „Gläsernen Saal“ des BORG besetzt. Über 200 Gäste lauschten den anschaulichen Präsentationen von Univ.-Doz.in Dr.in Brigitte Bailer-Galanda und Dr. Werner Sulzgruber. Nachdem Bailer-Galanda ein allgemeines Bild von der Entwicklung zur sogenannten „Reichskristallnacht“ in Österreich und Sachverhalten an diversen Orten gegeben hatte, fokussierte Sulzgruber auf die Ereignisse in Wiener Neustadt, aber auch auf das Gebiet des Sprengels der IKG Wiener Neustadt.
Zum ersten Mal wurden aktuelle Forschungsergebnisse über die Region von Wiener Neustadt ‒ anhand von vielen verschiedenen Beispielen von Orten des Industrieviertels, des Piestingtales oder der nördlichen Buckligen Welt ‒ der Öffentlichkeit präsentiert, ergänzt mit Fotografien und Quellenmaterial.
Das aufstrebende Moritz Weiß Klezmer Trio, das erstmals in Wiener Neustadt spielte, begeisterte mit seiner Musik das Publikum.
Beim abschließenden Buffet kam es zu langen Gesprächen und intensivem Austausch, sodass die Abendveranstaltung erst gegen 23.00 Uhr schloss.
Zu danken ist allen ehrenamtlichen Mitarbeitern/innen und unterstützenden Kräften, ohne die beide Veranstaltungen ‒ sowohl die Gedenk- als auch die Abendveranstaltung ‒ nicht möglich gewesen wären.
Video-Beitrag von WNTV:
http://www.wntv.at/page/video/MTg0NDcw
Zuordnung
- Region/Bundesland
- Niederösterreich