„Die Stadt ohne Juden“
Der Anlass
Am 14. November 2018 wurde der Film „Die Stadt ohne Juden“ im Stadttheater Wiener Neustadt gezeigt. Es war der vom Historiker Dr. Werner Sulzgruber eingebrachte Vorschlag aufgenommen worden, diesen Film wegen seiner besonderen Verbindung zu Wiener Neustadt in der Hauptstadt des Industrieviertels (wieder) zu spielen. Denn Sulzgruber hatte bereits 2016 Zusammenhänge zwischen dem Buchautor Bettauer, der Geschichte des Films und der Stadt Wiener Neustadt aufzeigen können.
Die Verantwortlichen der Stadtgemeinde bzw. des Stadttheaters entschieden sich, den Film im November ‒ zeitlich angelehnt an die Gedenkveranstaltung zum 9. November (anlässlich der Erinnerung an die Novemberpogrome) ‒ zu spielen.
Dr. Sulzgruber: „Ich habe vor rund zwei Jahren Informationen über die Vernetzungen zwischen dem Journalisten Hugo Bettauer, der Rolle des Wiener Neustädter Rechtsanwalts Dr. Walter Riehl und dem Film, seiner Aufführung in der Stadt, publiziert. Als der Stummfilm dann restauriert werden konnte, 2018 gespielt und für Aufführungen verliehen wurde, sah ich es als Chance, ihn nach Wiener Neustadt zu bringen.“
Der historische Hintergrund
Am 11. Oktober 1924 war es in Wiener Neustadt nämlich bei der erstmaligen Aufführung des Films „Die Stadt ohne Juden“ im Zentralkino zu Ausschreitungen gekommen. Rund 50 „Hakenkreuzler“ hatten sich im Kinosaal versammelt und den Film ständig mit Zwischenrufen und dem Werfen von Stinkbomben gestört. Am Ende eskalierte die Situation, einige Kinobesucher verließen frühzeitig die Vorstellung, zwei „Demonstranten“ wurden verhaftet und kurz vor Mitternacht wurden Gruppen, die sich auf der Straße versammelt hatten, von der Polizei auseinandergetrieben.
Hugo Bettauer, der 1922 die Buchgrundlage zum Film geschaffen hatte, wurde im März 1925 ‒ ein paar Monate nach der Aufführung in Wiener Neustadt ‒ ermordet. Als Verteidiger des Mörders trat der in Wiener Neustadt geborene und überzeugte Nationalsozialist Dr. Walter Riehl auf.
Spezielle Jugendvorstellung konzipiert
Bereits am Vormittag wurde eine spezielle Jugendvorstellung im Stadttheater Wiener Neustadt gespielt. Ein dazu von Dr. Werner Sulzgruber erarbeitetes Vermittlungskonzept für Schüler/innen der Oberstufe kam hier zum Einsatz.
Schüler der HTL Wiener Neustadt hatten nicht nur eine Lichtinstallation vor dem Eingang zum Stadttheater installiert und in einem Projekt auf diese Weise Werbung für den Film gemacht, sondern waren im Unterricht auch teils auf den Stummfilm vorbereitet worden.
Bestens besuchte Vorstellung mit Podiumsdiskussion
Am Abend des 14. November war das Stadttheater Wiener Neustadt dann bestens besucht, wie nie zuvor bei einem Stummfilm. Das Interesse war also außerordentlich groß. Begleitet wurde der Film abends vom Virtuosen Gerhard Gruber am Klavier.
Im Anschluss an die Filmvorstellung gab es eine Podiumsdiskussion mit Dr. Nikolaus Wostry (Film-Archiv Austria) und Dr. Werner Sulzgruber (Historiker) - moderiert von Sylvia Reim. Darin wurde unter anderem auf die Geschichte des Films, seine Auffindung und Wiederherstellung sowie den historischen Kontext, die „prophetische Vorausschau“ und auf spezielle Film-Inhalte Bezug genommen.
Informationen zum Film „Die Stadt ohne Juden“ und die Verbindung zu Wiener Neustadt:
Website: www.zeitgeschichte-wn.at
Stadtspaziergang „Jüdisches Wiener Neustadt“ ‒ Station „Das ehemalige Zentral-Kino – Brodtischgasse 3“
Zuordnung
- Region/Bundesland
- Niederösterreich