"Anstoß Gruber ...auf den Spuren eines Unbequemen" Unterrichtsmaterialien zu Johann Gruber
Johann Gruber (1889-1944), Priester und Pädagoge aus Oberösterreich, war eine mutige und streitbare Persönlichkeit. Der katholischen Kirche in der Zwischenkriegszeit waren seine reformpädagogischen Methoden als Direktor der Linzer Blindenanstalt ein Dorn im Auge; den Nationalsozialisten galt er als lästiger Kritiker, den sie loswerden wollten; sie diffamierten ihn wegen angeblicher sexueller Übergriffe, stellten ihn vor Gericht und sperrten ihn schließlich in das KZ Gusen, das Zwillingslager von Mauthausen. Dort organisierte Gruber, der eine privilegierte Position als Funktionshäftling erlangte und für die auf dem KZ-Gelände gefundenen urgeschichtlichen Relikte zuständig war, ein umfangreiches Hilfsnetzwerk für seine Mithäftlinge. Durch Kontakte nach außen beschaffte er Medikamente und Lebensmittel. Viele französische, belgische und polnische Häftlinge berichteten, dass sie „Pére Gruber“ ihr Leben verdankten. Legendär ist die „Gruber-Suppe“, ein großer Suppentopf, den er regelmäßig in die Baracke bringen ließ, um die vom Hungertod Bedrohten zu retten. Als sein Hilfswerk aufflog, warf ihn der Lagerkommandant in den Bunker und quälte ihn am 7. April 1944 zu Tode.
Zahlreiche Häftlinge berichteten nach der Befreiung über Grubers Hilfstätigkeit. Die Kirche hingegen schwieg jahrzehntelang über den missliebigen Geistlichen. Nach biografischen Forschungen des Historikers Helmut Wagner bildete sich 2007 im Pfarrgemeinderat von St. Georgen an der Gusen eine Gedenkinitiative, der „Papa Gruber Kreis“, zu dem 2012 der Verein „Plattform Johann Gruber“ kam. Veranstaltungen und Kunstprojekte wurden organisiert, der Autor Thomas Baum wurde damit beauftragt, das Stück „Der Fall Gruber“ zu schreiben, das mit Franz Froschauer in der Hauptrolle seit 2017 vielerorts aufgeführt wird.
In den Unterrichtsmaterialien wird das Spröde und Unbequeme an Gruber sichtbar gemacht, statt ihn zu einem „Heiligen“ zu verklären. Johann Gruber ist seit 2016, als das Landesgericht Linz das NS-Urteil wegen eines Sittlichkeitsdeliktes aufhob, auch juristisch rehabilitiert, doch eine vielschichtige Persönlichkeit bleibt er allemal. Zitate von und über Johann Gruber, biografische Skizzen zu Gruber und zu Personen in seinem Umfeld sowie Dokumente der gespaltenen bzw. unterdrückten Erinnerung an Gruber konfrontieren die Jugendlichen mit ebenso kontroversen wie faszinierenden Facetten dieses Menschen.
Die Unterrichtsmaterialien, die nach Unterstufe und Oberstufe differenziert sind, wollen anhand des „anstößigen“ Johann Gruber Handlungsspielräume damals wie heute zum Thema machen. Im Rahmen eines Johann Gruber-Symposiums im April 2019 in Linz wurden die Lernmaterialien präsentiert. Nun stehen sie zum Download zur Verfügung.