Artikel Michael Guggenberger: Berg- und Tal im Anschlussrausch
Michael Guggenberger begibt sich auf Spurensuche nach öffentlichen und privaten Ereignissen in den Tälern und auf den Bergen Tirols, welche die Begeisterung für die nationalsozialistische Machtübernahme auf widersprüchliche, teils skurrile und absurde Weise demonstrieren.
Irritiert lesen wir Zuschriften an die Bauernzeitung, die uns einen weitverbreiteten religiös geprägten Antisemitismus vor Augen führen. Wir staunen über die Faszination des „Führers“, die ein vierjähriger Bub in einem großbürgerlich-städtischen Milieu an den Tag legt. Die Eingabe eines Innsbruckers im Sommer 1938 aus Erwägungen des Naturschutzes gegen das Aufmalen von Hakenkreuzen, weil diese die Berge verschandeln würden, verwun- dert.
Der Autor schließt mit der Geschichte des bekannten Osttiroler Bergsteigers, Weltreisenden, Radiovortragenden, Heimatdichters und Schriftstellers Hannes Schneeberger, der als erster eine Hakenkreuzfahne am Großglockner hisste und dafür von Adolf Hitler in Berlin geehrt wurde. Bis sich herausstellte, dass er manipuliert hatte. Wohin der Anschluss Österreichs an das nationalsozialistische Deutschland führte, veranschaulicht sein Schicksal, das viele Tiroler mit ihm teilten: Im Februar 1943 erlitt Tausendsassa Schneeberger als Unteroffizier und Sonderführer im Kaukasus „den Heldentod für Führer und Reich“.
Horst Schreiber (Hg.): 1938. Der Anschluss in den Bezirken Tirols