Autobiografie: Ja zum Leben / Nein zum Schweigen

Dies ist der autobiografische Bericht einer Frau über ihren langen und schwierigen Weg, erfahrene sexualisierte Gewalt zu überwinden und vom Schweigen zum Reden zu kommen. Eine Hauptrolle spielt ihr Vater, ein überzeugter Nationalsozialist und SS-Mann.

Der Großvater der Erzählerin Norbert S., geboren 18.3.1884 in Innsbruck, verheiratet, vier Kinder, katholisch, wohnhaft Schöpfstraße 4, Beruf Maurer (Polier), wurde im Zuge der Verhaftungen von Regimegegnern nach der NS-Machtübernahme am 23.6.1938 im zweiten Transport von Innsbruck ins KZ Dachau transportiert. Nach seiner Ankunft kam S. sofort zwei Wochen ins Lagergefängnis, im August nochmals für drei Tage. Am 27.9.1939 überstellte die Gestapo ihn ins KZ Mauthausen. Fünf Monate später war Norbert S. bereits tot. Er starb am 24.2.1940.

Sein Sohn Josef S., der Vater der Erzählerin, geboren 6.6.1920 in Innsbruck-Amras, war Hilfsarbeiter, Mitglied der SA und im Kriegseinsatz. Zudem hatte er einen unteren Rang in der Ordnungspolizei und in der Waffen-SS. Er war Rottwachtmeister in der Schutzpolizei und seit 24.2.1942 SS-Sturmmann. Josef S. behauptete nach dem Krieg, Meldereiter in der SS gewesen zu sein mit Einsätzen in der Schlacht von El-Alamein (Ägypten) und Stalingrad. Seinen Bruder Norbert, benannt nach dem gemeinsamen Vater, ermordet im KZ Mauthausen, habe er in einem russischen Dorf, das die SS schließlich zerstörte, vor Stalingrad erhängt vorgefunden. Josef S. wurde nach eigener Aussage in Stalingrad eingeschlossen, doch sei es ihm gelungen, aus russischer Kriegsgefangenschaft zu fliehen.

Am 6.6.1947 heiratete er die medizinisch-technische Assistentin M. D., geboren 9.10.1920 in Meran, am Standesamt in Innsbruck. Seinen Beruf gab er als Laborant an, er arbeitete auch in Innsbrucker Firmen als chemischer Laborant.

Das Verhältnis zum zunächst geliebten Vater und die Auswirkungen seines Verhaltens ihr gegenüber beschreibt die Erzählerin ausführlich in ihrem Bericht. In betrunkenem Zustand brüstete er sich damit, dass er in Konzentrationslagern Frauen selektiert habe, die „guten Weiber und die nicht mehr brauchbaren“. Dann präsentierte Josef S. stolz seine SS-Blutgruppen-Tätowierung und gab seiner Ehefrau zu verstehen, dass sie froh sein müsse, noch atmen zu dürfen.

Die Erzählerin schildert ihren Weg erlittener Gewalt zu einem reflektierten, selbstbestimmten Leben.