Zeitzeugenbesuch Leopold Engleitners in V-heute
Bericht von Ingrid Bertel, ORF Vorarlberg heute vom 6. Februar 2010
(mit freundlicher Genehmigung des ORF)
Joachim Wiesner
Als Kind begegnete er in Bad Ischl noch Kaiser Franz Joseph und erlebte die Schrecken des Ersten Weltkrieges. Der einfache Bauernknecht durchlebte die heftigen Wirren der österreichischen Zwischenkriegszeit und den zweiten Weltkrieg. Mit allen Konsequenzen. Als Zeuge Jehovas verweigerte er entsprechende seinem Glauben den Dienst in Hitlers Armee. Er grüßte nicht mit „Heil Hitler!“. Er überlebte drei Konzentrationslager (Buchenwald, Niederhagen und Ravensbrück) und magerte auf 28 Kilo ab. Und auch nach dem Krieg wurde er jahrzehntelang weiterhin ausgegrenzt.
Erst mit weit über neunzig begann Leopold Engleitner als Zeitzeuge gegen das Vergessen zu kämpfen, reiste von 1999 – 2007 quer durch Europa und die USA. Tausenden von jungen Menschen führte er an Schulen und Universitäten die schrecklichen Auswirkungen totalitärer Regime vor Augen.
BIOGRAFIE des ältesten KZ-Überlebenden
Ungebrochener Wille. Der
außergewöhnliche Mut eines einfachen Mannes. Leopold Engleitner, geb.
1905
Autor: Bernhard Rammerstorfer
ISBN 978-3-9502462-0-9, 448
Seiten, 184 Bilder, € 24,90, Ersch. März 2008
INFOS unter: www.rammerstorfer.cc
E-Mail: office@rammerstorfer.cc
Kurz-Biografie Leopold Engleitners:
Leopold
Engleitner wurde am 23. Juli 1905 in Strobl, Österreich, geboren und
wohnt heute in St. Wolfgang im Salzkammergut. Als kleiner Bub erlebte er
noch die K&K-Monarchie und den Ersten Weltkrieg. Danach überstand
er die „Spanische Grippe“. Während des Nazi-Regimes verweigerte er als
einfacher Bauernknecht aufgrund seiner religiösen Überzeugung als Zeuge
Jehovas den Dienst in der Deutschen Wehrmacht. Er überlebte die
Konzentrationslager Buchenwald, Niederhagen und Ravensbrück.
In
Buchenwald war er von Oktober 1939 bis März 1941 interniert. Engleitner
erinnert sich: „Bei der Einlieferung wurde ich Zielscheibe der
Aggressionen des Bunkeraufsehers Martin Sommer. Nachdem er mich auf
brutalste Weise geschlagen hatte, setzte er mir die Pistole an die
Schläfe und sagte: ‚Ich drücke jetzt ab. Bist du gefasst?‘ Ich antworte:
‚Ja, ich bin gefasst.‘ Dann nahm er die Pistole wieder herunter und
schrie: ‚Du bist zum Erschießen auch zu blöde.‘ Anschließend trieb er
mich mit Schlägen in die Zelle zurück, wo ich die ganze Nacht stehend
verbringen musste.“ Daraufhin musste er unter anderem im Steinbruch am
Ettersberg unter unmenschlichsten Bedingungen Schwerstarbeit verrichten.
„Wir Häftlinge mussten uns sogar um das Werkzeug raufen, denn wenn man
keines ergatterte musste man den ganzen Tag mit bloßen Händen nach
Steinen graben. Die Situation was so schlimm, dass junge Häftlinge mit
15 Jahren innerhalb weniger Wochen graue Haare bekamen.“
Im März
1941 wurde er ins KZ Niederhagen in Wewelsburg bei Paderborn überstellt.
Mehrmals wurde ihm von der SS angeboten, den Revers (Erklärung zum
Abschwören des Glaubens und Einverständnis zur totalen Unterwerfung
Hitlers) zu unterschreiben und als freier Mann das KZ zu verlassen.
Im
April 1943 kam Engleitner ins KZ Ravensbrück, wo er nach jahrelanger
KZ-Zwangsarbeit und Misshandlungen im Juli 1943 mit nur 28 Kilogramm aus
dem KZ Ravensbrück entlassen wurde. Die Bedingung war: „Lebenslange
Zwangsarbeit in der Landwirtschaft“ In der Heimat arbeitete er dann auf
einem Bauernhof als Zwangsarbeiter, bis er kurz vor Kriegsende er noch
den Einberufungsbefehl erhielt. Daraufhin flüchtete er ins Gebirge des
Salzkammerguts floh. Nach dem Krieg war sein Leben als ehemaliger
KZ-Häftling jahrzehntelang von Ausgrenzung und Unverständnis geprägt.
Mit
welchen Gefühlen denkt er an die schlimmste Zeit in seinem Leben
zurück? „Mit einem guten Gefühl. Die Nazis haben uns gedroht, dass
wir niemals lebend aus dem KZ rauskommen werden, wenn wir unsere
Einstellung nicht ändern. Ich bin herausgekommen und lebe immer noch und
das obwohl ich meinem Grundsatz treu geblieben bin, niemals einen Waffe
gegen einen Mitmenschen zu richten. Das erfüllt mich mit Freude und
Genugtuung und möchte vor allem junge Menschen empfehlen, ihr Leben nach
gerechten Grundsätzen auszurichten. “
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