Vandalismus an der Ausstellung „Gegen das Vergessen“ – Portraitfotos von Verfolgten des Nationalsozialismus zerschnitten
Bereits zum dritten Mal wurden Portraitfotos von Verfolgten des Nationalsozialismus der Ausstellung „Gegen das Vergessen“ beschädigt. Die Fotoausstellung ist als Open-Air-Wanderausstellung konzipiert und ist noch bis Ende Mai 2019 auf der Wiener Ringstraße zu sehen. Die Wanderausstellung des Mannheimer Fotografen Luigi Toscano wurde von ESRA, dem Psychosozialen Zentrum für Überlebende des NS-Terrors, nach Wien geholt. In der Nacht auf den 27.05.2019 wurden einige der Portraitfotos zerschnitten.
Stellungnahme von _erinnern.at_ zum Vorfall:
_erinnern.at_ verurteilt aufs schärfste den Vandalismus an den Portraits von Verfolgten des Nationalsozialismus, die in der Ausstellung von Luigi Toscano auf der Wiener Ringstraße gezeigt werden. Es ist eine Schande und eine Scham, dass Zeitzeuginnen und Zeitzeugen derartig in Österreich herabwürdigt werden. Die Überlebensgeschichten der Überlebenden des Holocaust zu bewahren und weiterzugeben ist uns ein großes Anliegen, durch mehrere Websiteprojekte, Unterrichtsmaterialien, das ZeitzeugInnen-Programm und durch Ausstellungen vermitteln wir ihre Geschichten an Jugendliche. _erinnern.at_ wird weiterhin daran arbeiten die Stimmen der Überlebenden des NS-Terrors, die in Österreich lange nicht gehört wurden, zu verstärken.
Die Ausstellung wird nun von mehreren Jugendorganisationen bewacht um weitere Vandalenakte vorzubeugen. Bundespräsident Van der Bellen, der die Ausstellung vor wenigen Wochen eröffnete, verurteilte die Beschädigung schärfste und besuchte die Ausstellung ein weiteres Mal: „Es macht mich tief betroffen, dass die Ausstellung ‚Gegen das Vergessen‘ tlw. brutal zerstört wurde. Ich weiß, dass der allergrößte Teil der österr. Gesellschaft einen klaren, ablehnenden Standpunkt zu den NS-Gräueltaten hat. Dass es welche gibt, die mit der Wahrheit & dem Mahnen, das diese Fotos ausdrücken, nicht umgehen können, ist erschütternd. Es muss für uns Ansporn sein, Empathie und Menschenwürde in das Zentrum von Worten und Taten zu stellen. #NiemalsWieder darf nicht zur Floskel werden – wir müssen es täglich leben!“
Amnon Berthold Klein
Auch das Portraitfoto von Amnon Berthold Klein, im Bild in der Mitte, wurde zerstört. Klein wurde 1928 in Wien geboren. Nachdem sein Vater nach dem "Anschluss" 1938 verhaftet und die Wohnung „arisiert“ wurde, versuchte seine Mutter mit ihrem einzigen Sohn 1940 mit einem illegalen Transport nach Palästina zu gelangen. Der Vater hatte keine Ausreisegenehmigung bekommen und wurde 1942 von den Nazis ermordet. Mutter und Sohn flohen zuerst auf Frachtschiffen über die Donau zum Schwarzen Meer, dann weiter Richtung Palästina. Das britische Militär ließ die Passagiere des Schiffes „Atlantic“ aber nicht in Palästina an Land, sondern internierte sie auf der Insel Mauritius im Indischen Ozean. Dort starb Kleins Mutter nach wenigen Monaten an Typhus, Amnon Berthold Klein kam in ein Kinderlager. 1946 kam Klein in Palästina an, wurde Lkw-Fahrer und Gewerkschaftsfunktionär. Seine internationalen Kontakte führten ihn immer wieder nach Österreich. 2011 lebte Amnon Berthold Klein mit seiner Frau Betty in Ramat HaSharon nördlich von Tel Aviv.
Die Lebensgeschichte von Amnon Berthold Klein ist Teil unserer Lern-Website neue-heimat-israel.at, dort findet sich auch eine Mini-Dokumentation über das Leben Kleins. Das Video-Interview in voller länge finde Sie auf weitererzaehlen.at.
Update 31.05.2019: Zum Ende der Ausstellung wurden alle Fotos von Freiwilligen instandgesetzt.
Weiterlesen
Website der Ausstellung – link
ORF „Mahnwache bei Erinnerungsbildern“ – link
SZ Interview mit dem Ausstellungsmacher – link
Die Lern-Website neue-heimat-israel.at
Video-Interview mit Amnon Berthold Klein - link