Birthe Kundrus/Henning Strotbek: "Genozid". Grenzen und Möglichkeiten eines Forschungsbegriffs - ein Literaturbericht
Aus: Neue Politische Literatur, Jg. 51 (2006), S. 397-423
Schlussfolgerung der Autoren des informativen Überblicks über die Problematik des Begriff "Genozid":
"Wissenschaftlich scheint die Tragfähigkeit des Genozidbegriffes erschöpft, ironischerweise nicht zuletzt, weil seine Durchsetzung die Aufmerksamkeit auf das Phänomen massiver Gewalt gelenkt und sich unser Kenntnisstand enorm verbreitert hat. Eben weil wir jetzt so viel mehr wissen, legt er der Forschung Fesseln an. Mit seinen nur scheinbar klaren Vorgaben verstellt er den Blick auf die mitunter doch sehr anders gelagerten Realitäten entgrenzter Gewalt. Lässt man ihn für den wissenschaftlichen Diskurs fallen, könnte man sich endlich zu der Einsicht durchringen, dass Gewaltabläufe auch inkonsistent und kontingent, dass die Handlungen der Opfer, des Auslands eine Rolle spielen können für Entscheidungsprozesse der Täter, und dass nicht immer der Wille entscheidend ist, sondern die tat." - download