12 neue Rundgänge durch das jüdische Burgenland
Das Burgenland war einst Heimat einer großen und prosperierenden jüdischen Gemeinde, bis die österreichischen Nationalsozialisten die als Juden und Jüdinnen verfolgte BurgenländerInnen vertrieben, Synagogen zerstörten und ihre Häuser enteigneten.
Die ersten Spuren Jüdischen Lebens gehen auf das 13. Jh. zurück. Am bekanntesten unter den jüdischen Gemeinden des Burgenlandes, sind die sogenannten „Sieben Gemeinden“: Eisenstadt, Mattersburg, Kittsee, Frauenkirchen, Kobersdorf, Lackenbach und Deutschkreutz. Diese standen ursprünglich unter dem "Schutz" der Adelsfamilie Esterházy und werden hebräisch „Scheva Kehillot“ („Sieben-Gemeinden“) genannt. Die Gemeinden erlangten durch ihre Rabbiner und ihre Jeschiwas internationale Bekanntheit, eine Rabbinerlinie aus Matterburg besteht auch heute noch in Israel. Ein Rabbiner aus Matterburg konnte nach Israel fliehen und dort „Kirjat Mattersdorf“ gründen, ein vorwiegender orthodoxer Stadtteil von Jerusalem.
Fast alle Synagogen wurde von den antisemitischen BurgenländerInnen zerstört, heute sehen nur mehr zwei. Die Synagoge Kobersdorf kann am 11.09 besichtigt werden, die Synagoge in Eisenstadt über das Jüdische Museum in Eisenstadt.
Der burgenländische Gauleiter Tobias Portschy, der seit den 1920er Jahren in der deutschnationalen-völkischen Bewegung aktiv war, hatte zum Ziel das Burgenland als „Mustergau“ zu etablieren, weshalb die nationalsozialistische antisemitische Politik im Burgenland nach dem „Anschluss“ besonders schnell und brutal durchgesetzt wurde. Portschy erklärte das Burgenland, als ersten Gau im „Reich“, schon im Oktober 1938 als „Judenfrei“.
„Judenfrei“ blieb das Burgenland nicht lange, mehr als 70.000 jüdische ZwangsarbeiterInnen, vor allem aus Ungarn, wurden gegen Kriegsende ins Burgenland deportiert, dort mussten sie unter unmenschlichen Bedingungen den „Südostwall“ bauen, einen nutzlosen Verteidigungswall. Nicht nur die Todesraten waren während dieser Arbeit extrem hoch, hinzu kamen auch zahlreiche Massenerschießungen in den letzten Kriegstagen und Stunden. Die Massengräber bleiben teilweise bis heute unbekannt, wie etwa der Fall Rechnitz zeigt. Heute erinnert ein eine Freiluftausstellung und der „Kreuzstadl“ in Rechnitz an die Opfer.
Nach 1945 kehrten nur mehr sehr wenige jüdische Familien ins Burgenland zurück. Etwa ein Drittel der 1938 als Juden verfolgte BurgenländerInnen wurde im Holocaust ermordet. Einige konnten in die USA, in das Vereinigte Königreich, nach Israel, Argentinien und andere Länder flüchten.
In der neu erschienen Broschüre und auf der Website werden 12 Rundgänge durch ehemalige jüdische Gemeinden beschrieben. Die Broschüre „Jüdische Kulturwege im Burgenland“ ist eine Gemeinschaftsproduktion der burgenländischen Volkshochschulen, der burgenländischen Forschungsgesellschaft, dem Landesmuseum und dem österreichisch-jüdischen Museum in Eisenstadt.
Seit 2004 gibt es die „European Routes of Jewish Heritage“, verwaltet und unterstützt von der „European Association for the Preservation and Promotion of Jewish Culture and Heritage“ (AEPJ). Sie war es auch, die an die Burgenländische Forschungsgesellschaft herangetreten ist, um im Burgenland – und damit erstmals auch in Österreich – einen jüdischen Kulturweg zu initiieren. Mit der vorliegenden Broschüre und der Webseite ist ein erster Schritt in diese Richtung gesetzt.
Weiterführende Links:
Videointerviews mit aus dem Burgenland vertriebenen Jüdinnen und Juden
12 Rundgänge - Jüdische Kulturwege im Burgenland
Österreichisches Jüdisches Museum über die "Sieben Gemeinden"