Konferenz: Der historische Vergleich. Erkenntnisgewinn und Kampfzone
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- Konferenz: Der historische Vergleich. Erkenntnisgewinn und Kampfzone
- 2022-10-06T00:00:00+02:00
- 2022-10-07T23:59:59+02:00
- Was leistet der historische Vergleich? Welche Vergleiche sind legitim? Welche sind gesellschaftlich tabuisiert? Und warum? In der Konferenz Der historische Vergleich. Erkenntnisgewinn und Kampfzone wird der Vergleich als wissenschaftliche Methode und als geschichtspolitisches Argument diskutiert. Ziel ist es, die wissenschaftliche Praxis des Vergleichens explizit zu machen und die strategische Funktion von Vergleichen in geschichtspolitischen Debatten kritisch zu durchleuchten. In einem der Vorträge der Konferenz stellen Patrick Siegele (OeAD | _erinnern.at_) und Moritz Wein (BMBWF) konkrete Beispiele aus der pädagogischen Praxis und der Arbeit von _erinnern.at_ vor: "Aktuelle Vergleichsdiskurse innerhalb der IHRA und die Verflechtung und Multiperspektivität in Lernmaterialien von _erinnern.at_"
06.10.2022 bis 07.10.2022 (Europe/Vienna / UTC200)
Österreichische Akademie der Wissenschaften, Wien
Österreichische Akademie der Wissenschaften, Institut für Kulturwissenschaften und Theatergeschichte
Der Vergleich zählt zu den Grundoperationen der Produktion von Wissen über Vergangenheit und Gegenwart. In den Geistes- Sozial- und Kulturwissenschaften ist das Ziehen von Vergleichen ein methodisches Werkzeug, sei es implizit oder – wie in der Komparatistik – explizit. Erst durch Vergleiche wird es möglich, Ereignisse und Prozesse in ihre Kontexte einzuordnen.
Gegenwärtig hat der historische Vergleich erneut Konjunktur. Im Ukraine-Krieg wird ein ganzes Register an Vergleichsargumenten aufgerufen und deren Legitimität kritisch diskutiert. Mit dem Begriff der „Entnazifizierung“ versucht die russische Führung den Angriffskrieg zu rechtfertigen; die europäischen Maßnahmen gegen Russland werden u.a. mit dem Scheitern der Appeasement-Politik gegenüber der aggressiven Expansion des NS-Staates begründet. An der Frage der Zulässigkeit bzw. Angemessenheit des historischen Vergleichs zwischen NS- und Kolonialverbrechen, zwischen der Shoah und anderen Genoziden entzündete sich der so genannte Historikerstreit 2.0. Die Frage des Vergleichs von Antisemitismus und Rassismus und der Legitimität von Kritik am israelischen Staat spaltet derzeit die Antisemitismus-Forschung. Die Verwendung von „Judensternen“ auf Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen stößt auf internationale Empörung.
Die Funktion des historischen Vergleichs als Konfliktgenerator zeigt sich bereits in vergangenen Kontroversen um die Beurteilung der Vergangenheit – etwa beim Historikerstreit 1986 über die Vergleichbarkeit von nationalsozialistischen und stalinistischen Verbrechen. Erstmals wurde dabei auch die Frage nach den Grenzen und der Zulässigkeit von historischen Vergleichen diskutiert. Aber bereits zuvor wurden geschichtspolitische Auseinandersetzungen auf der Grundlage von Vergleichen geführt: in der Zeit des Kalten Kriegs bildete die Kontroverse um Faschismus- und Totalitarismustheorie die historische Grundierung der ideologischen Lager. In Österreich wird nach wie vor um den faschistischen Charakter der Dollfuß-Schuschnigg-Diktatur gestritten – vor dem Hintergrund des Vergleichs mit anderen diktatorischen Regimen.
In der Konferenz Der historische Vergleich. Erkenntnisgewinn und Kampfzone wird der Vergleich als wissenschaftliche Methode und als geschichtspolitisches Argument diskutiert. Ziel ist es, die wissenschaftliche Praxis des Vergleichens explizit zu machen und die strategische Funktion von Vergleichen in geschichtspolitischen Debatten kritisch zu durchleuchten.
Konzept: Johannes Feichtinger, Ljiljana Radonić, Heidemarie Uhl
Organisation: Caroline Hofer, Heidemarie Uhl
Österreichische Akademie der Wissenschaften
Institut für Kulturwissenschaften und Theatergeschichte