Was ist Antiziganismus? Österreich nimmt die Arbeitsdefinition der IHRA an
Einen Tag vor dem jährlich am 8. April begangenen Internationalen Tag der Roma hat der österreichische Ministerrat die Arbeitsdefinition von Antiziganismus der IHRA (International Holocaust Remembrance Alliance) angenommen und damit ein wichtiges Signal gesetzt.
Bis heute ist Antiziganismus ein zu wenig beachtetes Phänomen auch in Österreich. Die durch die IHRA unter maßgeblicher Mitwirkung Österreichs erarbeitete Arbeitsdefinition ist ein Mittel, ihn zu erkennen und zu benennen. Die Definition, die den Begriff „Sinti und Roma“ als „Oberbegriff für verschiedene verwandte sesshafte oder nicht sesshafte Gruppen“ verwendet, besagt:
„Antiziganismus manifestiert sich in individuellen Äußerungen und Handlungen sowie institutionellen Politiken und Praktiken der Marginalisierung, Ausgrenzung, physischen Gewalt, Herabwürdigung von Kulturen und Lebensweisen von Sinti und Roma sowie Hassreden, die gegen Sinti und Roma sowie andere Einzelpersonen oder Gruppen gerichtet sind, die zur Zeit des Nationalsozialismus und noch heute als ‚Zigeuner‘ wahrgenommen, stigmatisiert oder verfolgt wurden bzw. werden. Dies führt dazu, dass Sinti und Roma als eine Gruppe vermeintlich Fremder behandelt werden, und ihnen eine Reihe negativer Stereotypen und verzerrter Darstellungen zugeordnet wird, die eine bestimmte Form des Rassismus darstellen.“
Martina Maschke, Obfrau von _erinnern.at_, Leiterin der Abteilung Bilaterale internationale Angelegenheiten Bildung; Holocaust-Education – international (BMBWF) sowie ehemalige Vorsitzendes des IHRA Committee on the Genocide of the Roma im englischen Original:
“The acknowledgment of IHRA’s working definition of antigypsyism/anti-Roma discrimination by the Austrian Councils of Ministers is an important milestone in fighting antigypsyism within the member states of IHRA and beyond, it emphasises Austria’s strong commitment to protect Roma communities in Austria and worldwide. Austria is the second country to acknowledge the working definition. Government institutions, law enforcement and the educational sector are now supported by an internationally accepted tool available to identify and to counter antigypsyism. The definition is particularly helpful for schools and education administration as a guideline to identify antigypsyism and to talk about this form of racism in class.”
Im Ministerrat am 7. April wurde die Annahme der Arbeitsdefinition von Antiziganismus als „ein wichtiger Schritt in der internationalen Anerkennung des Genozids an den Roma und Sinti“ und „ein starkes Bekenntnis der IHRA-Mitgliedsstaaten, Diskriminierung, Gewalt und Hetze gegen Roma und Sinti entschieden zu begegnen, bezeichnet.“ Die Annahme der Arbeitsdefinition von Antiziganismus wird nun an den Nationalrat und den Bundesrat zur Kenntnisnahme und weiteren Behandlung weitergeleitet.
Zum Gedenktag
Der 8. April ist der Internationale Tag der Roma/Romnija. Er wurde 1990 vom World Romani Congress (Weltkongress der Roma/Romnija) auf einer Sitzung in Polen beschlossen. Als Datum wurde der 8. April ausgewählt, da an diesem Tag 1971 der erste Weltkongress der Roma/Romnija in London stattfand. Auf diesem ersten internationalen Treffen wurde die Flagge der Roma-Gemeinschaft und eine Hymne eingeführt, sowie zur selbstbewussten Stärkung der Roma-Identität aufgerufen. Der Internationale Tag der Roma/Romnija solle auch, so die Intention des Weltkongresses, die rassistische Fremdbezeichnung „Zigeuner“ verdrängen und an jene erinnern, die zu Opfer antiziganistischer Gewalt von Individuen, Organisationen oder Staaten wurden. Weiterlesen: - Link
Die europäische Lern-Website romasintigenocide.eu über den Genozid an den Roma und Sinti ist in elf Sprachen verfügbar und bietet auch eine umfassende Handreichung für PädagogInnen. Die Website wird von _erinnern.at_ betreut: - Link
Auf der ZeitzeugInnen-Plattform weiter_erzählen finden Sie zahlreiche Video-Interviews mit Roma und Romnija, die über Antiziganismus vor, während und nach der nationalsozialistischen Verfolgung berichten: - Link
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